Ihr kalendarisches Alter von 45 Jahren Lügen straft die Stimme der Russin Ekaterina Siurina, die unter dem Titel Amour éternel eine CD mit französischen und italienischen Arien und Duetten vorgelegt hat. Das Timbre der silbrig klingenden Stimme ist mädchenhaft geblieben, das eines leichten bis lyrischen Soprans von müheloser Emission und fast ohne die Schärfe, die oft slawischen Stimmen zueigen ist. Als Charpentiers Louise weiß sie den Ton schön in einem feinen Schwebezustand zu halten, ihn delikat zu modulieren. Ihre Juliette strahlt vokale Lebensfreude aus, hat für die zu Leben und Liebe Erwachte einen schönen Glockenton und nur am Schluss schleicht sich ein wenig Spitziges ein. Es folgen zwei Szenen, die des Abschieds von Romeo, in der der Ehemann der Sängerin, der Tenor Charles Castronovo ihr Partner ist, dessen Stimme in den letzten Jahren ausgesprochen dunkel geworden ist, der deshalb zu sehr absticht von den hellen Farben des Soprans, eher ausgesprochen männlich als jugendlich wirkt. Die Gattin hingegen lässt in ihrer Stimme die Sonne strahlend aufgehen, klingt besonders zart und innig im Schluss des Duetts. Weniger als Bravourarie denn als anmutige Selbstdarstellung wird die Juwelenarie aus Gounods Faust gesungen, da funkeln nicht die Brillanten, sondern es offenbart sich eher eine verwirrte Seele. Weniger bekannt ist die Arie der Leila aus Bizets Perlenfischern, in der die Siurina sich mit einem schönen Triller aus sanfter Melancholie verabschiedet. Die letzte französische Arie ist die der Micaela aus Carmen, die in zarter Entschlossenheit vorgetragen wird.
Sehr getragen nimmt Ekaterina Siurina Puccinis „Mi chiamono Mimi“, ist von sehr zarter dolcezza und hat nicht ganz die Wärme und Fülle italienischer Kolleginnen. Im folgenden Duett fällt wieder der Kontrast der sehr hellen weiblichen zur sehr dunklen männlichen Stimme auf, die Galanterie des Ehemanns zeigt sich im Nachuntensingen am Schluss des ersten Akts, so dass die schöne Höhe der Gattin voll zur Geltung kommt, die im dritten Akt Mimi einen Hauch von Wehmut verleiht. Feine Bögen werden im „Sogno di Doretta“ entworfen, die Liù der Siurina lässt einen keuschen Klang vernehmen, aber auch ein Fehlen von innerer Spannung und an Rundung des Tons. „Das kann jede singen“, meinte einst ein bekannter Dirigent anlässlich eines Vorsingens, als die Kandidatin ihm den letzten Akt von Otello anbot. Natürlich gelingt er auch Ekaterina Siurina, auf den Rest muss die Musikwelt noch warten.
Insgesamt ist die CD, die man mit Skepsis (Warum schon wieder diese Arien und Duette und schon wieder ein russischer Sopran?) aufgenommen hat, eine erfreuliche, nicht zuletzt, aber durchaus nicht nur deswegen, weil ein gut aufgelegtes Kaunas City Symphony Orchestra unter Constantine Orbelian die kundige Begleitung ist (CD Delos DE 3583). Ingrid Wanja