Ordentlich

 

Angeblich soll Domenico Cimarosa über 100 Opern geschrieben haben. Fest steht: Nur eine hat im Repertoire wirklich überlebt – „Die heimliche Ehe“. Seine zweitbeliebteste Oper war zu Lebzeiten des Komponisten der Einakter L’impresario in angustie. Brilliant classics (95746) hat die kleine Oper jetzt aus der Versenkung geholt.

Es gibt zwei wichtige Gründe, warum diese Oper Musikgeschichte geschrieben hat. Zum einen ist sie eine der besten und bissigsten Parodien auf den Opernbetrieb selbst, eine boshafte Farce auf die chaotischen Zustände an italienischen Bühnen. Zum anderen hat das Werk vor allem in Deutschland einst Ruhm eingefahren, weil Goethe höchstselbst die Oper geliebt hat. Er hat sie auf seiner Italienreise gesehen und dann eine eigene deutsche Fassung für Weimar angefertigt, zusammen mit seinem Schwager Vulpius. Danach war sie in der Goethe/Vulpius-Fassung bis weit ins 19. Jahrhundert hinein sehr erfolgreich.

Hier nun liegt das italienische Original von 1787 vor. Die Handlung ist ziemlich konfus für eine so kurze Buffa: Gezeigt werden zwei Primadonnen im Streit. Ein Librettist und ein Komponist sind beide in sie verliebt (eine milde Vorahnung auf Capriccio von Strauss). Allerdings macht der Operndirektor auch einer Avancen. Zwischendurch wird eine Oper geprobt,

Frühere Einspielungen: Die Oper ist keine Novität für den Liebhaber komischer klassischer Werke. Unschlagbar ist die um Cimarosas Opernproben-Kantate erweiterte deutsche Fassung mit Reiner Süß und Peter Schreier (Warum ist die eigentlich nie auf CD erschienen?). Lustig, wenn auch wenig stilsicher ist der Opern-Mitschnitt aus den Sechzigern mit Sesto Bruscantini. Die letzte Aufnahme kam 2001 unter Fabio Maestri bei Bongiovanni heraus. Sie wurde bei einem kleinen niederländischen Belcanto-Festival aufgenommen. Eine sehr anständige Einspielung, die durchaus auf Augenhöhe ist mit der jetzigen, mit zwei gewichtigen Nachteilen: Bongiovanni ist eine Mini-Firma von geringer Reichweite und entsprechend teuer. Brilliant classics ist erfreulich preiswert und international sehr präsent.

Schön, aber perfekt klingt anders: An dieser ersten Studioaufnahme gibt es wenig zu monieren, aber echter Grund zum Jubeln ist auch nicht gegeben. Zu hören sind durch die Bank unbekanntere Stimmen, die den Cimarosa-Ton perfekt treffen. Carlo Torriani als Operndirektor steht Angelo Romero in der früheren Aufnahme in nichts nach. Die beiden Sopranistinnen Paola Cigna und Lavinia Bini haben die Leichtigkeit in den Höhen und die Spielfreude, die das Werk braucht. Und auch über die restlichen Interpreten lässt sich nicht meckern. Einzig das Orchester unter Aldo Salvagno könnte etwas moussierender sein.

Das große Ärgernis ist das Mailänder Studio, in dem das Werk aufgenommen wurde: Viel zu hallig, hervorragend geeignet für Kirchenmusik. Aber ein flotter komischer Einakter lebt von trockenerer Atmosphäre und kleinen Räumen. So klingt alles eher oratorisch und zäh. Man führt ja aus gutem Grund Pergolesis „Serva Padrona“ nicht in der Arena von Verona auf (mit Carlo Torriano, Marco Filippo Romano, Paola Cigna, Lavinia Bini; Orchestra Bruno Maderna di Fordi; Aldo Salvagno). Matthias Käther

  1. Matthias Käther

    Lieber Herr Ferrari, das ist natürlich richtig. Aus der Vogelperspektive ist die deutsche Fassung auch nicht stilsicher – im Grunde genommen hat sie gar nicht mehr viel mit dem Original zu tun. Ich fand sie vor allem wegen der lustigen Texte gelungen und bin mit ihr groß geworden – das trübt mitunter das kritische Auge etwas…Immerhin,zumindest Schreier, ein ausgezeichneter Mozart-Tenor,is soo weit ab vom richtigen Ton nun auch wieder nicht. Jedenfalls in meiner Erinnerung. Es wäre, wie gesagt, schön, diese Aufnahme auch auf Cd nachhören zu können. M.K.

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  2. Michele C. Ferrari

    Schön, dass man auf diese Aufnahme aufmerksam macht, auf die ich gespannt bin. Zur Ergänzung sei darauf hingewiesen, dass es eine sehr lebendige Aufführung u.a. mit Carlo Torriani auf youTube gibt. Und dass die Römer Recht hatten, als sie meinten, dass de gustibus non disputandum est, zeigen die Bewertungen des Rezensenten, die man nicht unbedingt teilen muss. Aber wenn man die Rögner-Aufnahme mit schweren, in deutscher Sprache singenden Stimmen lobt, sollte man die RAI-Aufführungvon 1963 nicht als „wenig stilsicher“ bezeichnen. Denn nicht nur ragt darin Sesto Bruscantini hervor, weil er geradezu perfekt die Einheit von Wort und Musik beherrscht (um das zu schätzen, muss man freilich Neapolitanisch verstehen bzw. das, was Bruscantini, geboren in den Marche, für Neapolitanisch hielt); mit Italo Tajo als Impresario ist darüber hinaus geradezu die Verkörperung des Basso buffo alter Schule zu hören: wenig Stimme, aber eine schier unglaubliche Musikalität und Souveränität im Umgang mit dem Text (zu hören vor allem in seiner Arie „Vado e giro pei palchetti“).

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    1. Michele Ferrari

      Einverstanden! Hören ist immer gut, und es ist schon viel Schlimmeres auf CD als dieser Cimarosa wieder veröffentlicht worden. Und ich teile Ihre Meinung: man ist manchmal überrascht, wenn man Aufführungen mit frischem Geist (erneut) hört.

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