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Unser Freund Hartmut Kühnel schreibt uns: Ein trauriger Tag. Ich komme gerade von der Beerdigung meiner alten Gesangslehrerin, Irmgard Jacobeit, die am 14. Oktober 2018 im Alter von fast 89 Jahren verstorben war. 1987 hatte ich angefangen, bei ihr Unterricht zu nehmen, selbst kein „Youngster“ mehr und ohne berufliche Ambitionen. Sie war eine hervorragende Lehrerin, streng in der Sache aber immer freundlich im Ton und nie verletzend. Und sie war eine ausgesprochen liebe Person, die zur Freundin wurde und das auch bleib nachdem ich mit dem Unterricht irgendwann aufgehört hatte (auch wenn man sich vergleichsweise selten sprach oder sah). Das letzte Mal getroffen habe ich sie im August 2017, physisch schon stark angegriffen aber geistig in alter Frische.
Sie studierte an der Hamburger Musikhochschule (damaliger Direktor Philip Jarnach) bei Lilli Schmitt-de Georgi und wäre danach gerne zum Theater gegangen, doch unterblieb dieser Schritt aus privaten Gründen. Ich glaube, sie hat dem ein leben lang nachgetrauert, denn noch 2017 war das ein Thema.
Stattdessen wurde sie langjähriges Mitglied des NDR-Chores, trat aber auch häufig als Solistin sowohl auf dem Konzertpodium (vorwiegend in Werken von Schütz, Bach. Mozart und deren Zeitgenossen aber auch mit moderner Musik) als auch im Studio in Erscheinung. Ihre Aufnahmen entstanden zumeist für die Telefunken-Reihe „Das alte Werk“ in den 60ern. Operngesamtaufnahmen kenne ich nur eine einzige, Zar und Zimmermann beim bayerischen Rundfunk mit Prey und Kurt Böhme (inzwischen als CD veröffentlicht).
Als Choristin sang sie in diversen Uraufführungen mit, Schönbergs „Moses und Aron“ 1954 in der Hamburger Musikhalle (ebenfalls auf CD erhältlich), Strawinskys „Threni“ und Bussottis „Lorenzaccio“ in Venedig und in Werken von Stockhausen und anderen zu zeiten, als Rundfunkanstalten noch Kompositionsaufträge erteilten. Ich werde sie nicht vergessen, möge sie in Frieden ruhen.
Dazu auch ein Lebenslauf von der website Bach-Cantatas: Irmgard Jacobeit (1929-2018): Wie wir kürzlich erfahren mussten, ist die Sopranistin Irmgard Jacobeit, geboren am 25. November 1929 in Hamburg, wenige Wochen vor ihrem 89. Geburtstag verstorben. Bereits im Alter von elf Jahren begann ihr Interesse am Singen. Sie trat einem Mädchenchor bei und wurde dank der Fürsprache des Baritons Georg Mund mit sechzehn Schülerin von Lilly Schmitt-de Georgi. 1948 schrieb sie sich an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater in Hamburg ein und war bis zu ihrem Abschluss in der Meisterklasse von Schmitt-de Georgi. Obwohl Irmgard Jacobeit bis 1953 noch keine praktische Erfahrung als Opernsängerin hatte sammeln können, wurde sie bei den Eutiner Sommerfestspielen als Marie in Albert Lortzings Der Waffenschmied engagiert. In späteren Jahren sang sie die andere Marie in Lortzings Opern beim Bayerischen Rundfunk in München, nämlich in einer Aufnahme von Zar und Zimmermann. Ihre hervorragende Technik erlaubte es ihr, die gesamte Rolle mit erstaunlicher Leichtigkeit zu meistern. Ob in lyrischen Phrasen oder soubrettenartigen Passagen, brillierte sie in einer Rolle, die größere Anforderungen stellt, als man denkt. Dieses Engagement erfolgte, nachdem die Jacobeit den Part der leeren Seele in Werner Egks Irischer Legende unter Leitung des Komponisten selbst beim BR gesungen hatte.
Irmgard Jacobeit nahm nur vereinzelt an Opernproduktionen teil. Stattdessen verfolgte sie ihre Karriere vornehmlich als Konzertsängerin. Ihr Repertoire umfasste die beiden Passionen von Johann Sebastian Bach, seine h-Moll Messe und sein Weihnachtsoratorium. Sie spielte zahlreiche Bach-Kantaten für die Telefunken-Serie Das Alte Werk ein (auf youtube gibt es zudem einige Aufnahmen von ihr). Daneben wirkte sie in Aufführungen von Händels Messias, Mozarts Requiem, Krönungsmesse und Exsultate, jubilate mit. Des Weiteren gehörten die beiden großen Haydn-Oratorien Die Schöpfung und Die Jahreszeiten zu ihrem Repertoire. Komponisten, die sie ferner aufführte, waren u. a. Beethoven, Brahms, Bruckner, Buxtehude, Cornelius, Mendelssohn, Schubert, Schumann sowie R. Strauss. Bis ins hohe Alter als Gesangslehrerin tätig, lebte Irmgard Jacobeit zuletzt in ihrer Geburtsstadt Hamburg. Übersetzung Daniel Hauser/ Foto Bach Cantatas/ Manfred Krugmann