Die Leuchtende

 

Anlässlich ihres achtzigsten Geburtstags (am 11.02.2018) würdigt Deutsche Grammophon das Werk der schweizerischen Ausnahmesopranistin Edith Mathis mit dieser Ausgabe auf sieben CDs. Die Aufnahmen sind zwischen 1960 und 1984 entstanden und bieten einen Überblick über Mathis‘ Schaffen in den Bereichen Oper, Oratorium und Lied. Erstmals auf CD erscheint hier, neben Einspielungen zusammen mit Größen wie Christoph Eschenbach, Wolfgang Sawallisch, Karl Richter, Carlos Kleiber oder Seiji Ozawa, eine Auswahl aus Mathis‘ Interpretationen aus Wolfs Italienischem Liederbuch mit Karl Engel. Darüber hinaus sind Aufnahmen mit Karl Böhm enthalten, der für Mathis wohl künstlerisch prägendste Dirigent, der sie auch mit Deutsche Grammophon in Kontakt brachte. Ergänzt wird das Set durch ein 40-seitiges Booklet, in dem Peter Hagmann, aufbauend auf einem Interview mit Edith Mathis, speziell geführt für die Box, durch das Repertoire leitet. DG

 

Zum achtzigsten Geburtstag von Edith Mathis hat die Deutsche Grammophon eine Kassette mit sieben CDs mit Aufnahmen der Schweizer Sängerin auf den Markt gebracht, die den verzückten Hörer aus dem Staunen nicht herauskommen lässt. Dieses gilt gleichermaßen der schönen Sopranstimme wie dem auf drei der CDs festgehaltenen Liedrepertoire, das einmal mehr den Kopf darüber schütteln lässt, dass dieses kostbare Erbe im Musikleben von heute eine so geringe Rolle spielt, ist man doch geradezu berauscht von dem Melodienreichtum der Brahmsschen Volkslieder, Duette, Liebeslieder-Walzer, die dazu noch in einer nicht zu überbietenden Besetzung mit neben der Jubilarin Brigitte Fassbaender, Peter Schreier und Dietrich Fischer-Dieskau vorgestellt werden. Diese und die auf den CDs 5 und 6  festgehaltenen Lieder von Schumann, Mozart und Wolf zu hören, ist das reinste, kompletteste Vergnügen, dass man sich denken kann, und der Mathis gelingt es sogar, die Texte von Frauenliebe und -leben goutierbar zu gestalten. Die Frische, das hörbare Engagement, mit der, vor allem von Karl Engel oder Christoph Eschenbach am Klavier begleitet, u.a. das Italienische Liederbuch und die Gesänge aus Wilhelm Meister interpretiert werden, sind zutiefst berührend und eine reine Freunde.

Die ersten beiden CDs sind Geistlichem gewidmet, beginnend mit Bachs „Jauchzet Gott in allen Landen“, in denen die Reinheit und Klarheit des Soprans, die Präzision auch in den Prestoteilen besonders zur Geltung kommen. Die sanfte, runde Höhe, das Wissen um die Bedeutung von Rezitativen, die bruchlos durch alle Register geführte Stimme, die angemessen instrumental geführt wird, lassen keinen Wunsch offen. Für „Wie freudig ist mein Herz“ hat die Stimme einen schönen Jubelton, lieblich ist ihr Klang für „Lebens Sonnen“, und eine schöne Melancholie ohne Larmoyanz bringt „Seufzer, Tränen“ zur Geltung.

Edith Mathis: Mozarts Susanna vom Dienst, nicht nur in Berlin, Wien und München/ Foto Buhs/DG

Noch leuchtender und energischer scheint der Sopran in den Stücken aus Händels Messias zu sein, und frischer als in den Arien aus Haydns Jahreszeiten ( gemeinsam mit Siegfried Jerusalem) kann ein Sopran nicht klingen. So altmodische Vokabeln wie lieblich oder anmutig drängen sich beim Hören von den Ausschnitten aus der Schöpfung auf, große Bögen sind dem Adler gewidmet und feine Schwelltöne wetteifern mit denen von Fischer-Dieskau.

Klar führt der Sopran in Mozarts Requiem, aufblühen kann er bei Dvorák, und eine tröstende Engelsstimme scheint der Hörer in Brahms‘ Deutschem Requiem zu vernehmen.

Die dritte CD ist ganz Mozarts Opernpartien gewidmet, allerdings fehlen leider Pamina (Welch schöne Erinnerungen knüpfen sich daran!) und Contessa, stattdessen sind es die „leichteren“ Damen, die sie hier verkörpert. So ist die Mathis eine Zaide voller vokaler Anmut, eine innige, verletzliche Ilia von sanfter Melancholie und eine Susanna kapriziöser Zärtlichkeit. Auch ihre Zerlina ist keine Soubrette, hat eine ausgesprochen gute Mittellage. Das gilt auch für Marzelline aus Fidelio, die sehnsüchtig und doch auch energisch klingt und einen wunderbar poetischen Beginn des „Mir ist so wunderbar“ hören lässt. Unter Carlos Kleiber war die Mathis das Ännchen mit komischer Dramatik für den Kettenhund und mädchenhafter Frische für den Schelm und den schlanken Burschen. Dass Edith Mathis auch Mezzopartien sang (Sie war ein begehrter Cherubino.) kann man an der Marguerite aus Berlioz‘ Faust-Vertonung nachvollziehen. Wunderschön leuchtet „D’amour l’ardente flamme“, während die Stimme ihrer Sophie mit dem silbernen Glanz der Rose wetteifert.

Also: ein würdiges Geburtstagsgeschenk und für den Hörer Quell des Entzückens für eine wunderschöne Stimme und ein größerer Beachtung würdiges Repertoire (Lieder!) (DG 7 CD 479 8337). Ingrid Wanja