Unbeirrbare Ernsthaftigkeit

 

Die Deutsche Oper Berlin schreibt: „Noblesse und Souveränität, Vielseitigkeit und unbeirrbare Ernsthaftigkeit der künstlerischen Arbeit“ – die Worte, die Intendanten, Musiker und Journalisten wählten, wenn sie die künstlerische Persönlichkeit von Jesús López Cobos (Toro-Zamora, 25. Februar 1940 – Berlin, 2. März 2018 ) beschrieben, zeigen in auffälliger Übereinstimmung, wie sehr dieser Dirigent zeitlebens das Gegenteil eines glamourösen Pultstars war. Und vermutlich wusste auch Götz Friedrich, dass er genau so einen Musiker brauchte, als er den Spanier 1981 als Generalmusikdirektor an die Deutsche Oper Berlin holte, um gemeinsam mit ihm den Erneuerungsprozess des Musiktheaters zu beginnen. Neun Spielzeiten lang gestaltete López Cobos diese Zeit mit, die zu einer der glanzvollsten des Hauses werden sollte, und dirigierte in dieser Periode eine Vielzahl von Produktionen, die eindrucksvoll die Bandbreite seines musikalischen Interesses zeigen: Die Neuproduktion von Wagners Ring des Nibelungen  in der Regie von Götz Friedrich war sicher das spektakulärste Ereignis dieser Ära, doch der stilistische Horizont von López Cobos umfasste ebenso Operetten wie Offenbachs Orpheus in der Unterwelt oder Stücke wie Meyerbeers Die Hugenotten, Bergs Lulu und Verdis Forza del Destino. Dabei verstand sich der Spanier stets als Ermöglicher auch kontroverser szenischer Sichtweisen, sicherte die musikalische Qualität und Präzision im Kontakt zwischen Bühne und Orchester.

Gelernt hatte der 1940 im kastilischen Toro geborene López Cobos sein Handwerk bei den beiden wichtigsten Dirigierlehrern der Nachkriegszeit, bei Franco Ferrara und vor allem bei Hans Swarowsky in Wien und hatte in der Folgezeitdurch den Gewinn internationaler Dirigentenwettbewerbe schon bald auf sich aufmerksam gemacht. Schon früh kam er nach Berlin, wo er an der Deutschen Oper bereits mit 31 Jahren, am 30. April 1971, mit Puccinis Oper La Bohème debütierte. Parallel zu seiner internationalen Karriere entwickelte sich in den Folgejahren auch seine Beziehung zu diesem Haus, wo er schon vor seinem Amtsantritt sechs Neuproduktionen dirigierte, darunter Wagners Tannhäuser und Rossinis Turco in Italia, aber auch die Barockoper La Calisto von Francesco Cavalli.

Von 1981 bis 1990 war López Cobos Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin und von 1984 bis 1988 darüber hinaus Musikdirektor des Spanischen Nationalorchesters. 1986 bis 2000 war Jesús López Cobos Chefdirigent des Cincinnati Symphony Orchestra, sowie von 1990 bis 2000 Chefdirigent des Kammerorchesters von Lausanne. Von 2002 bis 2010 war er Musikdirektor des Teatro Real in Madrid. Er starb am 2. März 2018 in Berlin (Foto oben: Javier de Real/Deutsche Oper Berlin).