Steriler, unerotischer und sängerfeindlicher dürfte kaum eine Produktion sein als die von Anne Teresa de Keersmaeker für Mozarts Così fan tutte im Pariser Palais Garnier. Der ideologieverquaste Artikel der belgischen Choreographin im Booklet ließ bereits Böses ahnen, was sich dann in dummem im Halbkreisherumstehen oder in den ungrazilen Verrenkungen und dem bedeutungsvollen Schreiten der den sechs Sängern zugeordneten Tänzer bestätigen sollte. Keinerlei Personenregie gab es für die Sänger, die zudem in langweiligen (Fiordiligi) oder lächerlichen (Despina mit Tüllrüschen) Kostümen (Jan Versweyveld), gänzlich ungeschminkt und für die beiden Damen aus Ferrara mit denkbar unkleidsamen Frisuren dem prallen Licht auf leerer, kreideweißer Bühne (ebenfalls Jan Versweyveld) ausgesetzt waren. Für den Video-Betrachter noch eins drauf setzte die Video-Regie von Louise Narboni, die oft die allein die Tänzer oder auch nur die Beine oder den Hintern derselben ins Bild rückte, während die Sänger ungesehen ihrem Metier nachgingen. Oft standen tänzerische Bewegung und Musik in lächerlichem Kontrast zueinander, so wenn wildes Umhergerenne zu „Soave sia il vento“ einsetzte. Eine tolle Idee ist es natürlich auch, auf alle Requisiten, ob Herzkette oder Heiratsurkunde, Arzttasche oder Schokoladenkanne zu verzichten und nur im Hintergrund ein Tischchen mit einer Flasche Whisky (?) und einer Flasche Limoncello (?) zuzulassen. Der mit Abstand beste Regieeinfall war das Postieren der Fiordiligi-Tänzerin während der Arie ihres Sängerpendants mit dem Gesicht zur Wand regungslos im Hintergrund. Wenn zum Schluss alle in Gold gekleidet sind und in alle Richtungen auseinanderstieben, bleibt der Zuschauer so ratlos wie verärgert zurück.
Dabei hätte man mit den teilweise durchaus und in jeder Hinsicht attraktiven Solisten ein auch optisch besseres Ergebnis erzielen können. Jacquelyn Wagner ist eine schöne junge Frau, die nicht einmal ihre leicht geröteten (Erkältung?) Nasenränder hatte abpudern dürfen. Ihre zwei Arien sang sie empfindsam und mit berührender Zartheit, sicher und mühelos erscheinend in den Koloraturen von „Come scogli“o, mit einer Stimme wie aus einem Guss. Mit einem schlanken, leichten Mezzosopran, der sich in der Farbe nicht besonders abhob von dem der Schwester, war Michèle Losier eine Dorabella, die ihr Temperament nicht ausspielen durfte. Niedlich anzusehen war die Despina von Ginger Costa-Jackson, die nicht nur als medico und notario leicht chargierend sang. Weder optisch noch akustisch gab Paulo Szots Don Alfonso das Bild eines abgeklärten Philosophen beträchtlichen Alters ab, sondern war in seinem Militärmantel (!) äußerst stattlich und in seinem Gesang ausgesprochen markant. Frédéric Antoun hat eine für einen Mozarttenor recht dunkle Stimme und blieb in „Un aura amorosa“ recht spröde, von der raueren Art war auch der Guglielmo von Philippe Sly, in seinen besseren Augenblicken kernig-farbig. Purer Mozartgenuss wurde vom Paris Opera Orchestra unter Philippe Jordan verbreitet, während Rosas Company Dancers nichts dafür konnten, dass sie den Abend zum Ärgernis werden ließen (Arthaus 109338). Ingrid Wanja