Theater- und Opernfreunde, Wiener und Berliner gleichermaßen kann die Autobiographie des Österreichers Peter Matić interessieren, die er in seinem 80. Lebensjahr mit Hilfe von Norbert Mayer verfasst hat. In einem knappen, pointierenden Stil, der einfache erweiterte Satz ist das hervorragende Stilelement, berichtet der Künstler über seine Kindheit im Krieg, die Jugendjahre in Salzburg, seine Ausbildung zum Schauspieler und sein Wirken als solcher, aber auch als Sänger am Theater an der Josefstadt, in Basel, München, für 22 Jahre am Schiller- und Schlossparktheater in Berlin, hier aber auch am Renaissancetheater, und danach bis heute am Burgtheater in Wien.
„Ich sag’s halt“ ist der Titel des Buches im Wiener Amathea Verlag, so unprätentiös wie dieser auch die Art seiner Darstellung, eher unter- als übertreibend, eher sein Licht unter den Scheffel als sich selbst ins Rampenlicht stellend. Nur ab und zu lässt er in Kritiker-Zitaten aufleuchten, welche Bedeutung er für das kulturelle Leben in der jeweiligen Stadt seines Wirkens hatte. Die taktvolle und dezente Art und Weise, in der Matić schreibt, lässt sich auch an den Abschnitten über Harald Juhnke, mit dem eine Zusammenarbeit geplant war, ablesen.
Tannhäuser weckte seine Opernleidenschaft, ein auf Deutsch zu singender Rodolfo ist sein wiederkehrender Albtraum, der Haushofmeister in Strauss‘ Ariadne auf Naxos eine Lieblingsrolle, in Berlin unvergessen ist sein Mitwirken in Aribert Reimanns Kafka-Oper Das Schloss an der Deutschen Oper, wo er auch den Sprecher in Ödipus Rex verkörperte. Wie sehr er der Musik verbunden war, zeigt das Bekenntnis „prima la musica“, das er als Regisseur auch von Opern zu seinem Credo gemacht hatte.
In bescheidener, zurückhaltender Art beschreibt Matić seine Herkunft aus einer aus Kroatien stammenden adligen Offiziersfamilie, seine Abstammung vom Minnesänger Bligger von Steinach, Familienfotos sind in den Text eingestreut, im Mittelteil gibt es einen Block mit Rollenportraits.
Für den Musikfreund sind besonders interessant die Ausführungen über die Regieassistenz bei Karajan und dessen Wiener Ära, über das Wirken in Offenbach-Operetten, so als Orpheus, Mars oder Styx.
Der Berliner Leser erlebt noch einmal die schmerzliche Zeit, als politischer Unverstand zur Schließung von Schiller- und Schlossparktheater führte, und der freundliche Abschiedsbrief von Eberhard Diepgen ist kein wirklicher Trost für den Verlust nach 22 Jahren und fast fünfzig verschiedenen Rollen in der Stadt. Da wird auch im Leser noch einmal die Sehnsucht nach dem alten Westberlin wach.
Wird aber an der Gegenwart Kritik geübt, dann nur in vornehm zurückhaltender Weise wie mit einem das „wird heute nicht mehr so sehr angestrebt“, und Kollegenschelte ist sowieso etwas, was streng vermieden wird.
Gut nachvollziehen kann man die Gedanken des Künstlers über die Folgen der Präsenz im Fernsehen oder das Synchronisieren, interessant ist die Darstellung des besonderen Wegs, den Österreich nach 1945 ging und der weit weniger schmerzvoll war als der Deutschlands. Das Buch gehört zu den kenntnisreichsten,vielseitigsten und angenehmsten unter den vielen Künstlerbiographie der letzten Zeit (225 Seiten Wien 2016 Amalthea Verlag; ISBN 978 3 99050 051 4). Ingrid Wanja