Eine hochdramatische Pique Dame ist dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zu verdanken, das unter Mariss Jansons 2014 bei mehreren konzertanten Aufführungen in der Philharmonie die Kontraste zwischen metereologischer Heiterkeit und Gewitterdüsternis im ersten Akt wie die zwischen harmloser Schäferromantik und seelischer Zerrissenheit des unseligen Hermann in den folgenden Akten wirkungsvoll herausarbeitet, in der Begleitung der Sänger stets rücksichtsvoll bleibt und die verhängnisvollen „tri karti“ in allen möglichen Variationen zu Gehör kommen lässt. Auch der Chor zeigt sich bei seinen anspruchsvollen Aufgaben von Martin Wright bestens vorbereitet, ebenso der vielgeforderte Kinderchor (Stellario Fagone).
Äußerst hochkarätig und durchweg muttersprachlich ist die Besetzung, an der Spitze Misha Didyk als
Hermann mit überaus wandelbarer Tenorstimme, zunächst ungewohnt weich und jünglingshaft klingend, dunkel verhangen und fast baritonal hingegen am Schluss, stets das Pathologische der Figur hören lassend und wie unter dauernder Anspannung stehend. Die auch heldentenoralen Einsatz erfordernde Partie des „russischen Otello“, die, von entsprechenden Sängern interpretiert, weniger interessant wirkt, hat in ihm einen idealen Interpreten gefunden. Eher väterlich als den Liebhaber herauskehrend wirkt der Jeletzkij von Alexey Markov, der seine schöne Arie mit viel dunkler Wärme erfüllt, auch diese Partie hat man anders, eher von einem helleren lyrischen Bariton gesungen im Gedächtnis. Mehr auf eine deftige Schilderung und humorvolles Singen als auf puren Schöngesang ist zu Recht der Tomskij von Alexey Shishlyaev in seiner Ballade bedacht. Tatiana Serjan besitzt für die Lisa einen trotz einigen Vibratos mädchenhaft klingenden Sopran sanfter Melancholie, singt die dramatische Szene an der Newa ohne jede slawische Schärfe, in der Höhe manchmal etwas knapp. Gar nicht klapprig wirkt die Gräfin von Larissa Diadkova, das dunkle Timbre von Oksana Volkova passt ausgezeichnet zu ihrem schwermütigen Lied. Die vom Bayerischen Rundfunk herausgegebene dreifache CD garantiert ein mitreißendes Hörerlebnis (BR Klassik 900129). Ingrid Wanja