Harrison Birtwistle, heute der Doyen der britischen Komponisten, trat mit einigen erfolgreichen Bühnenwerken hervor, seine Oper Gawain wurde zuletzt auch bei den Salzburger Festspielen 2013 erfolgreich aufgeführt. Birtwistles Stil ist schwer einzuordnen. In seinen frühen Werken gibt es deutliche Anklänge an Strawinsky und Messiaen. Inzwischen hat er aber längst zu einer eigenständigen musikalischen Sprache gefunden, die durchaus ansprechend ist. Das Auftragswerk der Covent Garden Opera in London basiert auf einer mittelenglischen Sage und spielt im ritterlichen Milieu. Viel Mythologisches ist hier verarbeitet, der Librettist David Harsent hat dem Komponisten einen reichlich komplexen Text geschaffen. Im Jahr 1991 erlebte Gawain am Royal Opera House seine Uraufführung, trotz des relativ großen Publikumserfolges überarbeitete der Komponist das Werk, 1994 hatte die revidierte Fassung erneut in Covent Garden ihre Premiere.
Diese Aufführung ist nun bei NMC Recordings, auf dem eigenen Label des Opernhauses als Mitschnitt erschienen (NMC D200). Unter dem Dirigenten Elgar Howarth ist eine stimmlich hochkarätige Besetzung aufgeboten. Der Bariton Francois Le Roux als Gawain, der Bass John Tomlinson in der Rolle des grünen Ritters, dem Gegenspieler Gawains, führen das vokal sehr ausgewogene Ensemble an, wozu auch die Sopranistin Marie Angel und die Mezzosopranistin Anne Howells gehören. Ein wenig enervierend ist der permanent erregte, hohe Ton dieser Musik. Hier klingt jeder Satz bedeutungsschwanger, darunter leidet die Dramaturgie, denn pausenlose Aufgeregtheit lässt den Zuhörer schnell ermüden und stumpft ab.
Die Ausstattung dieses Doppel-Albums lässt keinen Wunsch offen. Das komplette Libretto ist abgedruckt, auch eine übersichtliche Inhaltsangabe und eine biographische Notiz über den Komponisten finden sich darin, sowie Fotos der Produktion. Das Werk, das wahrscheinlich auf Dauer keine große Popularität erlangen dürfte, ist hier zumindest optimal dokumentiert.
Peter Sommeregger