The Art of Sándor Kónya

Für die Deutsche Grammophon hat Sándor Kónya zwei Solo-Alben eingespielt, eines mit einem reinen Puccini-Programm (1962) und eines mit deutschen und italienischen Opernarien (1959/60). Für die amerikanische DECCA entstand 1967 eine Platte mit Liedern von Verdi und Wagner. Alle drei Alben sind nun bei der Grammophon unter dem Titel The Art of Sándor Kónya als Doppel-CD erschienen.  Die Puccini-Arien gab es schon früher in der Favorit-Serie, alle anderen Aufnahmen sind CD-Premieren.

Das sensationelle Puccini-Recital wurde 1962 in Florenz mit dem Maggio Musicale unter Altmeister An­tonino Votto aufgenommen. Kónya singt hier zwölf Arien aus Tosca, Fanciulla, Butterfly, Turandot, Gianni Schicchi, Bohème, Tabarro und Manon Lescaut. Was Kónya in diesen Aufnahmen an Farbenreich­tum, lyrischem Schmelz, dramatischer Wucht und einfach berückendem Wohlklang zeigt, dürfte wohl von keinem Tenor überboten werden. Kónyas Stimme klingt in allen Lagen rund und voll, da gibt es auch in der extremen Höhe keine Verengung oder Verfärbung. Und er singt die Arien mit Gefühl und Herz; kleine Schluch­zer, wohldosiert und geschmackvoll eingesetzt, verstärken die emotionale Kraft dieser Aufnahmen. Man höre sich nur einmal das sen­sationelle „Guardate, pazzo son“ aus Manon Lescaut an – da bleibt niemand kalt! Der Klang der Aufnahmen ist ausgezeichnet. Und dass Antonino Votto einer der besten Puccini-Dirigenten seiner Zeit war, ist in jeder Phrase des klangprächtig aufspielenden Orchesters zu hören.

In den 1959/60 (mit den Bamberger Symphonikern unter Janos Kulka und den Berliner Philharmonikern unter Richard Kraus) entstandenen Aufnahmen auf dem anderen Recital der DG werden die Arien aus La Gioconda, L’Africaine, Aida und L’elisir d’amore italienisch gesungen. Besonders das schwärmerische „Cielo e mar“ sticht hier mit aufblühendem Ton heraus.

Die Ausschnitte aus Rigoletto und Il Trovatore werden deutsch gesungen, aber Kónya geht sie mit viel Legato und feinsten Nuancen absolut „italienisch“ an. Besonders gelungen ist Sie wurde mir entrissen aus Rigoletto,  weil die zarten Gefühle des Duca unmittelbar in emotionalen Gesang umgesetzt werden. Die deutsche Oper ist mit einem prachtvoll geschmetterten Ach, so fromm (Martha) und vor allem mit Lohengrin und den Meistersingern vertreten. Der  Lohengrin war Kónyas international wohl wichtigste Partie, in der er für mich bis heute nicht übertroffen wurde. Lohengrins melancholisch umflorter Abschied und die Gralserzählung legen davon hier deutliches Zeugnis ab. Man höre nur die Phrasierung bei dem Wort „Taube in der Gralserzählung, der Kónya ätherischen Klang und heldischen Ausdruck verleiht. Auch Kónyas Stolzing ist für seine belcantistische Ausformung stets bewundert worden. Selten hat man das Preislied so mühelos und rund, mit soviel Schmelz und so „italienisch“ gehört.

Hochwillkommen ist die Einbeziehung der Verdi- und Wagner-Lieder (mit Otto Guth am Piano), weil sie einerseits Kónya als Liedsänger zeigen, andererseits vom Repertoire her sehr interessant sind. Die sieben Verdi-Lieder (aus den Romanzen von 1838 und 1845) sind oft wie kleine Arien. Kónya singt sie ganz auf Linie und erfreut schon allein mit dem warmen Klang seiner Stimme.  More, Elisa, lo stanco poeta etwa beschert mit seinem musikalischen Fluss und der poetischen Stimmung reinste Wonne. Es sind wahre Kleinodien, diese Verdi-Lieder. Noch rarer dürften einige der Wagner-Lieder sein wie das melodisch und textlich reizende Lied „Die Rose oder das düstere „Der Tannenbaum“. Mit Schmerzen und „Träume“ gehören auch zwei der Wesendock-Lieder zum Programm. Kónya singt sie mit expressivem Ausdruck, ohne dabei die Gesangslinie zu vernachlässigen. Eine hochwillkommene Anthologie, die längst überfällig war und Kónyas unverwechselbare Stimme eindrucksvoll zur Geltung bringt (2 DG Australien, aber bei cpo oder Amazon/DGG 4807096)

 Wolfgang Denker