Giorgio Merighi

 

Mit Bedauern hörten wir vom Tode des italienischen Tenors Giorgio Merighi, der namentlich in (West-)Berlin, Wien und München in den großen italienischen Partien seines Fachs zu hören war – sowohl in den tenore di grazia- wie auch den spinto-Rollen. Seine elegante Erscheinung der langen Beine und des schönen Profils wie auch sein engagiertes Spiel ließen ihn in seinen diversen Partien stets eine rollengerechte Präsenz finden. Vor allem als Puccinis Des Grieux habe ich ihn so in Erinnerung, die Höhe vielleicht eine Spur zu eng-nasal, aber im Ganzen kraftvoll, nie stentoral, reich an Farben und eben hochengagiert in seiner Rolle. Seine Auftritte gehörten wie die seiner Kollegen Tagliavini, Luchetti oder auch Cossutta zu den Highlights meiner italienischen Abende an der Deutschen Oper Berlin jener Jahre – was waren wir doch reich an Tenören damals. Nachstehend ein Auszug aus dem bewährten und unersetzbaren Kutsch-Riemens Großen Sängerlexikon. G. H.

 

Merighi, Giorgio, Tenor (* 20.2.1939 Denore bei Ferrara, + 12. Januar 2020 Jesi); erhielt seine Ausbildung am Conservatorio Rossini von Pesaro durch Melocchi, Frau Raggi Valentini und Leodino Ferri. Er debütierte 1962 beim Festival von Spoleto als Riccardo in Verdis »Maskenball«. 1968 Sieger im internationalen Gesangwettbewerb von Bilbao. Es kam nun zu einer erfolgreichen Karriere an den führenden italienischen Operntheatern, u.a. an der Mailänder Scala, an den Opernhäusern von Rom, Palermo, Neapel, Triest, Turin, Genua, bei den Festspielen in den Thermen des Caracalla in Rom, in der Arena von Verona (1974) und beim Maggio musicale von Florenz. Weitere Gastspiele an der Deutschen Oper Berlin, an den Staatsopern von Wien, Hamburg, München (1987) und Stuttgart, in Brüssel, Lyon, Bordeaux, Marseille und Monte Carlo, am Teatro Liceo Barcelona, am Teatro San Carlos Lissabon, in Genf, Amsterdam, Frankfurt a.M., Düsseldorf-Duisburg (Deutsche Oper am Rhein) und Nizza. Er trat als Gast bei den Festspielen von Macerata (1968, 1971-72) und an der San Francisco Opera auf (1974). 1971 und 1974 zu Gast an der Covent Garden Oper London. 1978 Debüt an der Metropolitan Oper New York als Manrico im »Troubadour«. Er sang 1984 in Genf den Pollione in Bellinis »Norma«, 1985 bei den Festspielen von Wiesba  den den Herzog im »Rigoletto«. 1989 hörte man ihn an der Metropolitan Oper als Luigi in Puccinis »Il Tabarro«, 1988 (und 1996) am Teatro Massimo Palermo als Maurizio in »Adriana Lecouvreur« von Cilea, 1992 beim Puccini Festival in Torre del Lago als Cavaradossi, 1993 bei den Festspielen in den Thermen des Caracalla in Rom als Radames. Im italienischen Fernsehen gestaltete er den Pinkerton in einer Aufnahme von Puccinis »Madame Butterfly«, den er dann auch 1993 in Hamburg sang. 1995 trug er (konzertant) in Montpellier den Pollione in »Norma« als Partner von Alessandra Marc vor, 1995 bei den Festspielen von Verona den Turiddu in »Cavalleria rusticana«, ebenfalls 1995 an der Deutschen Oper Berlin den Andrea Chénier von Giordano, 1996 am Teatro Massimo Palermo den Maurizio in »Adriana Lecouvreur« von Cilea, 1996 in der Arena von Verona den Isamele im »Nabucco« von Verdi. Großer Interpret, vor allem des italienischen Repertoires

Schallplatten: RAI, MRF (Mitschnitt einer Aufführung von Meyerbeers »Robert le Diable« vom Maggio musicale Fiorentino 1968), Melodram (»Fra Diavolo« von Auber von 1965).

[Nachtrag] Merighi, Giorgio; sein US-Debüt erfolgte 1970 in Dallas als Luigi in Puccinis »Il Tabarro«, an der Covent Garden Oper London 1971 als Riccardo in Verdis »Ballo in maschera«. 1972 war er an der Oper von Chicago als Alfredo in »La Traviata« und als Rodolfo in »La Bohème« anzutreffen. 1997 gastierte er am Opernhaus von Toulouse als Luigi in »Il Tabarro«, bei den Festspielen in der Arena von Verona als Macduff in Verdis »Macbeth«, an der Oper von Monte Carlo als Gabriele Adorno in Verdis »Simon Boccanegra«. 1998 trat er an der New Yorker Metropolitan Oper als Radames in »Aida« auf, 1999 am Teatro Comunale Modena als Lefebvre in »Madame Sans-Gêne« von Giordano (mit Mirella Freni in der Titelrolle)[Lexikon: Merighi, Giorgio. Großes Sängerlexikon, S. 16306 (vgl. Sängerlex. Bd. 6, S. 514) (c) Verlag K.G. Saur] (Foto: Giorgio Merighi als Manrico/ Il trovatore an der Met/ Met Opera Archive)

  1. Ekkehard Pluta

    Merighi war ein weit unterschätzter, technisch vorzüglich ausgebildeter Tenor, dessen Stimme auch noch jenseits der 60 jugendfrisch und geschmeidig klang. Ich verweise auf ein Video-Dokument aus dem Jahre 2012 bei youtube, wo der 72jährige gemeinsam mit dem zwei Jahre älteren Kollegen Gianfranco Cecchele „Recondita armonia“ sang. Cecchele stemmt und wackelt, nicht nur altersbedingt, Merighi strahlt unangestrengt und souverän.

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