Wenn ich wieder einmal in einem Meisterkurs oder einer Hochschulaufführung sitze, in der Endzwanziger erste Schritte im Operngeschäft wagen, und tatsächlich hörte ich einmal bei einem Meisterkurs zu, wo Christa Ludwig Studenten das Kleine Einmaleins des Ariensingens nahe zu bringen versuchte, werde ich an diese Einspielung denken, auf der die 20-jährige Christa Ludwig die Königin in Jaromir Weinbergs Schwanda der Dudelsackpfeifer singt. Es handelt es sich um eine Aufnahme des Hessischen Rundfunks von 1948. Seit Herbst 1946 war Ludwig an der Frankfurter Oper engagiert: Hirt in Tosca, Orlofsky waren die ersten Partien, „in diesen allerersten Jahren habe ich wohl so alle Klein- und Kleinstrollen gespielt. Einmal zählte ich 250 Auftritte in zehneinhalb Monaten an der Oper“, schreibt sie dazu in ihrer Biografie. Und weiter „..ich war eine gesuchte Kraft für Werke von Liebermann, Boulez, Nono etc… Egk, Fortner, Maderna – ich lernte leicht, sang schön und war nicht teuer“.
Weinbergers Oper ist eine beherzte jazzige, folkloristisch Märchenoper von 1927. Kurz: der Gauner Babinsky überredet den Dudelsackpfeifer Schwanda, die Königin zu befreien, deren Herz von einem Magier in Eis verzaubert wurde. Anschließend gelangt Schwanda in die Hölle, wo ihn Babinsky befreit, indem er den Teufel beim Kartenspiel austrickst. Wirkungsvolle Partien, interessante Arien und Situationen, farbige Zwischenspiele, von dem die von Winfried Zillig betreute Aufnahme bei erstaunlich gutem Klang Zeugnis gibt. Karl Friedrich kennt man von zahlreichen Operetteneinspielungen, u. a. Giuditta und Paganini unter Lehár. Diese Operettenaffinität kommt dem Babinsky zugute, Karl Schmitt-Walter bleibt als Schwanda ein wenig steif, bei Ludwigs souveräner höhenstarker Königin meint man schon die kommende Mahler- und Brahms-Sängerin zu hören, Betina Bruckers Dorota ist bittere Kost. Dafür entschädigt der Bonus: Leyla Gencer – was hat sie nicht noch alles gesungen! – in vier Ausschnitten als Dorota in Schwanda, il suonatore di cornamusa 1958 bei RAI unter Nicola Rescigno.
Rolf Fath
Jaromir Weinberger: Schwanda der Dudelsackpfeifer mit Karl Schmitt-Walter (Schwanda), Betina Brucker (Dorota, seine Frau), Karl Friedrich (Babinsky, ein Bandit), Christa Ludwig (Die Königin) Joseph Lindlar (der Magier) u. a.; Chor und Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks; Leitung: Winfried Zillig; 2 CD Walhall WLCD 0377