Teresa Żylis-Gara

 

Ich fürchte, sie ist schon ein bisschen in Vergessenheit geraten, die polnische Sopranistin Teresa Żylis-Gara, die bis Mitte der 80er Jahre zu den internationalen Spitzenstars der Oper gehörte und am 28. August im Alter von 91 Jahren in Łódź verstorben ist.

Am 23. Januar 1930 in Landwarów bei Wilna geboren und an der Musikakademie Łódź ausgebildet, erhielt sie 1954 den ersten Preis beim Musikwettbewerb in Warschau und gab 1956 ihr Debüt als Halka in Stanisław Moniuszkos gleichnamiger Oper in Krakau. Nach Anfängerjahren in Polen kam sie nach Deutschland, wo sie 1960 im Gesangswettbewerb der ARD einen dritten Preis errang. Dem schloß sich ein Engagement am Theater Oberhausen an, das damals noch über ein Musiktheater verfügte. Sie wechselte zwei Jahre später nach Dortmund und war von 1965-69 Ensemblemitglied der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg. Der internationale Durchbruch erfolgte 1968, als sie bei den Salzburger Festspielen in Herbert von Karajans „Don Giovanni“-Produktion die Donna Elvira übernahm, mit der sie noch im selben Jahr auch an der Metropolitan Opera debütierte und die für viele Jahre eine ihrer Glanzpartien blieb. Danach war sie an allen großen Opernhäusern der Welt ein regelmäßiger Gast – an der Mailänder Scala wie an der Grand Opéra Paris, der Covent Garden Opera in London und dem Teatro Colón in Buenos Aires. Aber verstärkt auch wieder an deutschsprachigen Bühnen – an der Wiener Staatsoper, der Deutschen Oper Berlin und an der Staatsoper Hamburg (wo ich mich an ihre Rosalinde in Götz Friedrichs „Fledermaus“-Inszenierung erinnere).

Die Met blieb aber über 16 Spielzeiten sozusagen ihr „Stammhaus“. 233 Vorstellungen hat sie dort gesungen, in einem weit gefächerten Repertoire, in dem Mozart (neben Elvira auch Contessa, Fiordiligi und Pamina) und Puccini (Manon Lescaut, Mimi, Tosca, Butterfly, Suor Angelica, Liù) eine zentrale Rolle spielten, aber auch Verdi-Partien wie Leonora („Trovatore“), Violetta, Amelia („Ballo“) und Desdemona sowie deutsches Repertoire – Wagners Elsa und Elisabeth und die Marschallin im „Rosenkavalier“. Daneben Gounods Marguérite, Tschaikowskys Tatjana und Cileas Adriana Lecouvreur. Ähnlich vielseitig präsentierte sie sich an der Wiener Staatsoper, wo sie zwischen 1970 und 1979 70 Vorstellungen sang. Noch weiter gespannt war ihr Konzert-Repertoire, das von Johann Sebastian Bach bis Krzysztof Penderecki reichte und in dem Richard Strauss und Gustav Mahler eine wichtige Rolle spielten. Nach ihrer aktiven Sängerkarriere war sie lange Zeit erfolgreich als Gesangspädagogin tätig.

Ihre diskographische Hinterlassenschaft ist ansehnlich, aber nur bedingt repräsentativ. Hervorzuheben ist die Referenzeinspielung der „Ariadne auf Naxos“ unter Rudolf Kempe (EMI, 1968), in der sie den Komponisten singt, der Salzburger „Don Giovanni“ unter Karl Böhm (DG, 1977) die erste internationale Produktion von Chaussons „Le Roi Arthus“ unter Armin Jordan (Erato, 1985) oder Emilio de Cavalieris „Rappresentatione di Anima et di corpo“ unter Charles Mackerras (Archiv Produktion, 1970). Beim Italienischen Rundfunk (RAI) nahm sie Rossinis „Mosé“ (mit Nicolai Ghiaurov) unter Wolfgang Sawallisch (1968) und Berlioz’ „Benvenuto Cellini“ (mit Franco Bonisolli) unter Seiji Ozawa (1973) auf. Einige Live-Mitschnitte finden sich auch beim französischen Label Rodolphe, darunter Mercadantes „Il giuramento“ (1975).

Einige ihrer Aufnahmen habe ich jetzt nach langer Zeit wieder gehört und war sehr angetan von ihrer reichen, schön timbrierten und völlig entspannt klingenden lirico-spinto-Stimme, die – ähnlich wie Kiri te Kanawa – einen oft „cremigen“ Klang entfaltet, aber über den schieren Schönklang hinaus auch seelische Regungen transportiert. Ekkehard Pluta

  1. Andreas

    Ich schätze ihre Aufnahme von Bachs Matthäuspassion und des Osteroratoriumd; sie singt diese schwierigen Arien mit nahtlosen Glanz und perfektem Legato.
    Ebenso stimmschön ist von Händel der Psalm Dixit Dominus und Arien aus der Oper Amadigi aufgenommen. Besonders beeindruckend ist ein Livemitschnit aus der Rheinoper Düsseldorf mit Monteverdis Poppea von 1965.

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