Raymond Leppard

 

Dachte man vor einem halben Jahrhundert an Protagonisten der sich allmählich etablierenden Alten Musik, so musste sein Name fast zwangsläufig fallen: Raymond Leppard, geboren am 11. August 1927 in London, ausgebildet als Cembalist und Bratschist am Trinity College in Cambridge und zunächst Chorleiter und musikalischer Leiter der Cambridge Philharmonic Society. Sein offizielles Dirigentendebüt erfolgte 1952, jenes als Operndirigent 1959. Er war eng am Aufbau des Goldsbrough Orchestra, des späteren English Chamber Orchestra, beteiligt. Seine Heimat waren dann auch zunächst die Kammerorchester. Doch bereits in den 1970ern zog es ihn vermehrt auch zu den großen Sinfonieorchestern. Zwischen 1973 und 1980 leitete er das BBC Northern Symphony Orchestra (das heutige BBC Philharmonic) in Manchester. Besonders prägend aber seine langjährige Tätigkeit als Musikdirektor des Indianapolis Symphony Orchestra in den USA (1987-2001). Ob Covent Garden, Glyndebourne oder an der Met – Leppard war überall gern gesehen. Sein Repertoire reichte von Cavalli über Spohr und Tschaikowski bis Schostakowitsch und Britten, so dass eine Reduzierung auf die Alte Musik verfehlt wäre. Daneben trat er auch als Komponist in Erscheinung, schrieb u. a. die Filmmusiken zu Lord of the Flies (1963),  Alfred the Great (1969, Hotel New Hampshire (1984). Leppard, bereits 1983 als Commander of the Order of the British Empire (CBE) ausgezeichnet, wurde 2003 amerikanischer Staatsbürger – wo er schon lange seinen Lebensmittelpunkt hatte. Vielleicht war es allein dies, was ihm den Ritterschlag vorenthielt. Seine britische Sozialisation kann indes nicht in Zweifel gezogen werden. 1986 dirigierte er, gleichsam als Beweis, die Last Night of the Proms in der Royal Albert Hall in London. In den letzten Jahren wurde es ruhiger um den greisen Maestro. Am 22. Oktober 2019, am selben Tage wie Hans Zender, ist er hochbetagt mit 92 Jahren in seiner Wahlheimat Indianapolis gestorben, bis zuletzt Ehrendirigent des dortigen Orchesters (Foto oben Raymonf Leppard. open.spotify.com). Daniel Hauser