Schönes Memento

 

Seit 2007, seit es eine Sommersaison im österreichischen Grafenegg gibt, wird diese mit einer Mitsommernachtsgala eröffnet auf der Wolkenturm genannten architektonisch interessanten Freilichtbühne zu Füßen des Schlosses in einer zauberhaften Landschaft. Die ist so schön, dass man den Spott darüber, dass von Nacht höchstens ganz zuletzt, wenn das traditionelle Feuerwerk den letzten Programmpunkt optisch verschönert, ganz vergisst, auch am helllichten Tag waren die Besucher 2018 teilweise in dicke Mäntel und Decken gehüllt. Wenig zu beneiden wegen der kühlen Veranstaltung waren die beiden weiblichen Stars des Konzerts, die Sopranistin Pretty Yende und die Cellistin Harriet Krijgh, letztere im leichten, ärmellosen Sommergewand, erstere etwas unpassend in pompöser rot-schwarzer Glitzerrobe mit extralanger Schleppe. Tenor Joseph Calleja war da im Bratenrock angemessener gewandet.

Der Malteser war das künstlerische Highlight der Veranstaltung mit einem „Celeste Aida“ mit makellosem Morendo am Schluss (da staunte das Orchester noch mehr als das Publikum), einem „E lucevan le stelle“ mit atemberaubendem Decrescendo ab „le belle forme“ und einem zärtlich-zitternden „Si“ im Schlussduett aus La Traviata. Dass er auch kraftvoll jubeln kann, bewies er mit Bernsteins „Maria“.

Die Südafrikanerin hat ein schönes melancholisches Timbre für die leidenden Belcanto-Heldinnen, sang Elviras Arie aus I Puritani mit klarem, sanftem Sopran und sehr viel Dolcezza. In der Cabaletta erwies sie auch den kleinsten Notenwerten viel Aufmerksamkeit, krönte Luigi Arditis „Il bacio“ mit einem phänomenalem Spitzenton, nachdem sie singend und durch das Publikum lustwandelnd auch Talent für die Show bewiesen hatte. Interessant war die Arie aus El barbero de Sevilla von Giménez.

Die Cellistin ließ für Offenbachs „Les larmes de Jacqueline“ sanft-satte Celloklänge das Publikum verzaubern, bewies ihre virtuosen Qualitäten anschließend mit Poppers „Hungarian Rhapsody“ eindrucksvoll. Das am Englischen orientierte Booklet nennt als weitere Ausübende das Tonkunstler Orchestra unter Yutaka Sado, seinem Chefdirigenten. Ihnen waren außer einer angemessenen Begleitung der Solisten ein rasant-straffer „Ungarischer Marsch“ von Berlioz, eine flirrende Ouvertüre zu Rossinis Gazza Ladra, der Walzer aus Bernsteins Divertimento und die Ballettszenen aus Aida zu verdanken. Das Publikum wurde zunehmend warm mit den Künstlern, der Applaus steigerte sich von Nummer zu Nummer und wohl auch mit dem Bekanntheitsgrad der ausgewählten Musikstücke. Elgars Pomp and Circumstances plus optischer Feuerzauber führten schließlich zu begeistertem Jubel und einem glanzvollen Abschluss eines gelungenen Konzerts (C Major 749204). Ingrid Wanja