Tsunami d’amour

 

Wo besser als in Indien oder Ceylon und damit in Bizets Les Pȇcheurs de Perles bietet sich für Regie die Möglichkeit, archaische Bräuche, religiöse Verstiegenheit und moderne Technik unter einen konzeptionellen Hut zu bringen, und so kombiniert denn auch Regisseurin Penny Woolcock unbekümmert, aber durchaus nicht werkentstellend einen zottelhaarigen guruhaften Hindupriester mit einem laptopbedienenden Verwaltungsbeamten, der allerdings durch allgemeinen Zuruf zum König berufen wurde, kein Ende findendes Voreinanderverneigen mit Benzinkanistern, die über den Häuptern der zum Tode Verurteilten ausgegossen werden. Auch die Kostüme von Kevin Pollard reichen von in allen möglichen Orangetönen gehaltenen Saris und Pluderhosen zu strengen Anzügen im europäischen Stil. Bühnenbildner Dick Bird hat viel Holzgestänge auf die Bühne gebracht, dahinter ist das Bild eines wohl ertrinkenden Mädchens zu sehen, noch weiter entfernt Hochhäuser einer modernen Großstadt, die librettogerecht am Schluss abbrennen, während das Liebespaar die Flucht ergreift. Die erste Szene des dritten Akts spielt im mit Akten vollgestopften, aber auch mit Bierflaschen gefülltem Kühlschrank versehenen Büro von Zurga.

Viel zu tun hat der Chor (Donald Palumbo), und er erledigt sich seiner vielfältigen, zwischen Gebet und Rachegeschrei angesiedelten Aufgaben mit Bravour. Das Orchester der Met unter Gianandrea Noseda bringt das Ungewöhnliche der Instrumentierung durch Bizet wirkungsvoll zur Geltung.

Diana Damrau als Leila ist auch als Brünette sehr hübsch anzusehen, ihr Sopran erfreut durch seine außergewöhnliche Reinheit und Süße, die leichte Emission und die schwerelos wirkende Führung der Stimme passen gut zur Partie. Das entsprechende Lied klingt tatsächlich so federleicht schwebend wie Text und Musik es erwarten lassen, die Koloraturen sind wahrhaft deliziös, haben nichts rein Mechanisches an sich. Die Darstellung mag Geschmackssache sein, wird manchen Zuschauer als zu zappelig, zu affektiert, zu manieriert anmuten. Nicht durch sein angenehmes Spiel, sondern durch seinen Gesang ist der Nadir von Matthew Polenzani eine Enttäuschung, denn sein Tenor ist nicht prägnant genug, hat auch nicht die Süße und Eleganz von Vorgängern in der Partie wie  Legay, Vanzo oder auch aus neuerer Zeit wie Alagna oder Korchak, und die heiklen Höhen erscheinen als allzu wenig an die Stimme angebunden. Wesentlich besser kann Mariusz Kwiecien als Zurga mit dunklem Timbre und schlanker Stimmführung, dazu großzügiger Phrasierung gefallen. Eher optisch als vokal imponieren kann Nicolas Testé als Nourabad.

Insgesamt bezeugt die Produktion, dass das Werk durchaus repertoirefähig ist und es mit entsprechender Besetzung sein Publikum finden kann (Erato 0190295893613). Ingrid Wanja