Spanier in der Arena

 

Gut durch die bisherige Corona-Pandemie gebracht hat Cecilia Gasdia, einst hier als Liù und in anderen Partien gefeiert, als direttore artistico die Arena di Verona, und so gab es auch trotz ausgedünnten Programms im Jahre 2020 eine Gala mit Plácido Domingo, in diesem Jahr bei „normalem“ Programm, doch reduzierter Zuschauerzahl einschließlich Jonas-Kaufmann-Gala, Bolle-Gala und Verdi-Requiem plus Neunter als nachträgliches Geburtstagsgeschenk wieder einen Domingo-Auftritt. Von dem wird sicherlich auch bald eine DVD auf dem Markt erscheinen, zunächst aber geht es um die aus dem Vorjahr, die der nunmehr Bariton-Star gemeinsam mit der spanischen Sopranistin Saioa Hernández gestaltete. In diesem Jahr war übrigens ebenfalls eine spanisch sprechende Sopranistin, Maria José Siri, an seiner Seite.

Viel Platz hatte das Orchester in der Mitte des Riesenraums, die Gradinate waren dünn, teilweise gar nicht mit Zuschauern besetzt, wofür der Applaus ungemein üppig klang. Eine raffinierte Lichtregie sorgte für eine abwechslungsreiche Optik und eine geheimnisvolle Stimmung, so dass man das Fehlen des traditionellen Lichtermeers aus den Kerzen der Zuschauer verschmerzen konnte. Abstandsregeln galten auch an diesem Abend, und so versagte  Padre Germont der armen Violetta die Umarmung als figlia , beim Schlussapplaus allerdings kam man sich dann in der Freude über den schönen Erfolg doch näher.

Das Orchester der Arena unter Jordi Bernácer hatte, da es zwecks Kontaktvermeidung keine Pause gab, viel zu tun, entledigte sich seiner Aufgabe mit hörbarer Spielfreude und Bravour, dankenswerterweise nicht mit allzu bekannten Stücken, sondern mit den Sinfonie zu Giovanna d’Arco und I Masnadieri und dem Intermezzo aus Fedora, in dem „Amor ti vieta“ den Ton angibt.

Das Zentrum des Abends bildeten zwei große Verdi-Szenen, das Kernstück des zweiten Akts von La Traviata und das große Duett Leonora-Luna aus Il Trovatore. Der Bariton erwies sich als gut bei Stimme seiend, klingt aber nach wie vor wie ein Tenor mit hart und nur im mezza forte optimal ansprechender Stimme, zuweilen hörbar kurzatmig, bewegend mit „genitor“, und als Giordanos Gerard gibt er alles, überzeugt noch einmal als großer Singschauspieler. In den Zarzuela-Zugaben unterstreicht Domingo durch elegante Bewegungen seine Herkunft.

Saioa Hernández wurde international bekannt als Odabella bei der Scala-Eröffnung mit Verdis  Attila. Auch an diesem Abend erweckt sie den Eindruck, als wenn die kämpferisch-entschlossenen Damen bei ihr besonders gut aufgehoben sind. Als Trovatore-Leonora beginnt sie etwas gequetscht im Duett, erst in „Tacea la notte“ lässt sie den Sopran dunkler Grundierung schön strömen, eine große Stimme, die große Bögen singen  und im Verismo mit „La mamma morta“ aus dem Vollen schöpfen kann. Zwar tritt sie im Verlauf des nicht allzu langen Abends in drei unterschiedlichen, aber durchweg recht matronenhaft wirkenden Roben auf, auch die zusätzliche „spanische“ Stola für die Zarzuelas lassen den Eindruck nicht verblassen, eine Kostümberatung könnte mehr aus der eigentlich attraktiven Sängerin machen. Hoffen wir, dass, ja, dass Domingo auch 2022 wieder in der Arena sein wird, vor allem aber, dass es wieder eine ganz normale Saison mit gut gefüllten Gradinate geben wird (Bluray C Major 758104). Ingrid Wanja 

 

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