Zerbinetta ist der Clou

An guten Aufnahmen der Strauss-Oper Ariadne auf Naxos herrscht kein Mangel. Trotzdem hat der bei Oehms Classics (OC 947) erschienene Live-Mitschnitt aus der Frankfurter Oper vom Oktober 2013 (eine Inszenierung von Brigitte Fassbaender) durchaus seine Berechtigung. Denn erstens ist er ein weiterer Baustein in der (mit fast zwanzig Opern) inzwischen schon recht umfangreich vorliegenden Dokumentation der Arbeit der Frankfurter Oper. Und zweitens ist sie mit Camilla Nylund und Michael König relativ prominent besetzt.

Nylunds noble Interpretation der Ariadne nimmt durch die Fülle ihres Tons und ihre intensive Gestaltung für sich ein. Dabei hält sie die Emotionen durchaus im Zaum, singt manchmal fast etwas unterkühlt. Aber ihren lyrischen Sopran führt sie mühelos zu leuchtenden Höhen. Mühelosigkeit kann man auch Michael König als sehr männlichem Bacchus durchweg attestieren.  Er kann mit kraftvollem Tenor ganz aus dem Vollen schöpfen. Auch wenn manche Töne mit etwas zuviel Druck erzeugt werden, steht er die Partie bis zum pathetischen Schlussgesang doch ohne große Einbußen durch. Aber der Clou der Aufnahme ist Brenda Rae als Zerbinetta. Ihre Arie „Großmächtige Prinzessin“ liefert sie ab, als wäre es nichts. Ihr Koloraturfeuerwerk ist einfach mitreißend, zudem gibt sie der Partie eine gehörige Portion Charme mit. Ein weiterer Pluspunkt dieser Aufnahme ist Claudia Mahnke als Komponist. Der „heilige Ernst“, mit dem er für die unverstümmelte Aufführung seiner Oper kämpft, wird mit jedem Ton deutlich. Mahnke kann den jugendlichen Eifer der Figur mit funkelndem Mezzo ideal vermitteln. Franz Grundheber bringt als Musiklehrer viel Persönlichkeit und eine immer noch erstaunlich intakte Stimme ein. Elisabeth Reiter, Katharina Magiera und Maren Favela bescheren als Najade, Dryade und Echo homogenen Wohllaut. Damiel Schmutzhard ist ein solider Harlekin und Peter Marsh lässt als Tanzmeister aufhorchen. Der Sprechrolle des Haushofmeisters gibt William Relton zwar eigenständiges Profil, aber man hat die Rolle schon pointierter und „blasierter“ gehört. Die Textverständlichkeit der Sänger ist bemerkenswert gut. Sebastian Weigle am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters lässt mit feiner Differenzierung musizieren. Das gilt insbesondere für die Szenen der Komödianten. Erstaunlich aber auch, was er mit den 37 Musikern an rauschhaftem Klang entfachen kann. Insgesamt eine Aufnahme, die sich im oberen Mittelfeld bewegt und die besonders den Fans von Nylund und König gefallen wird, aber auch schon allein wegen Brenda Rae interessant ist.

Wolfgang Denker