Suche nach den geeigneten Tönen

Dieser Mitschnitt der Götterdämmerung bei einem Live-Konzert in der Berliner Philharmonie vom März 2013 sollte eigentlich der krönende Abschluss von Marek Janowskis konzertantem Wagner-Zyklus werden. Das Wort Krönung wäre hier allerdings völlig fehl am Platz. Was hier an sängerischer „Kompetenz“ geboten wird, wäre schon für die Aufführung ärgerlich genug, als praktisch für die Ewigkeit konservierte CD-Produktion (PentaTone Classics PTC5186409) ist es inakzeptabel. Der durchaus bedeutende Wagner-Dirigent Marek Janowski ist hier in die Falle der Unwiederholbarkeit dieses Konzerts gegangen, man kann nur erahnen, welche Pein dem Dirigenten die Freigabe dieser Aufnahme bereitet haben muss. Dabei standen ihm mit seinem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin und dem Berliner Rundfunkchor gestandene Musiker zur Verfügung, aber so souverän Janowskis Dirigat auch ist, für den Ring, speziell die Götterdämmerung braucht es belastbare, ihren Rollen gewachsene Stimmen.

Davon kann man aber praktisch bei keinem der beteiligten Sänger sprechen. Allen voran muss man hier die völlig überforderte Petra Lang als Brünnhilde nennen, die sich hörbar durch ihre Rolle quält und als Weisheit letzter Schluss die Partie nach unten transponiert, was sie und uns Hörer nicht vor schrillen und gequetschten Spitzentönen bewahrt. Eine Rollengestaltung kann unter diesen Umständen nicht stattfinden, es ist ein hörbarer Kampf um das stimmliche Überleben. Unglücklicherweise steht ihr in Lance Ryan ein Siegfried zur Seite, der mit schlecht fokussiertem Tenor ständig auf der Suche nach den richtigen Tönen ist und dessen näselnde Diktion ihn viel eher als Mime empfehlen würde. Wahrhaftig kein “weihevolles Paar“, wie der Text es verspricht.

Aber damit noch nicht genug: Als Hagen erlebt man den viele Jahre lang weltweit gefeierten  Matti Salminen am Ende seiner Karriere, und leider auch seiner früheren Stimmgewalt. Hier sind nur noch Reste einer einstigen Weltstimme zu hören. Eine in solcher Weise negativ dominierte Besetzung färbt leider fast ausnahmslos auf die restlichen Sänger ab. Am ehesten vermag noch der satte Mezzo von Marina Prudenskaya als Waltraute zu überzeugen. Rheintöchter und Nornen sind ausnahmslos unterbesetzt und zeichnen sich höchstens durch unsaubere Diktion aus. Gut, dass der Edition der komplette Text beiliegt. Markus Brück als Gunther und Jochen Schmeckenbecher als Alberich bleiben eher farblos, Edith Haller als Gutrune beweist einmal mehr, wie undankbar diese Rolle ist, und unterstreicht dies auch noch mit einigen unschönen Tönen.

Als Fazit bleibt anzumerken, dass Wagner ohne geeignete Sänger unaufführbar ist, eine Erkenntnis, an der sich speziell im Wagner-Jahr viele Intendanten und Dirigenten vorbei mogeln wollten, mit zum Teil unsäglichen Ergebnissen. Es ist bedauerlich, dass ausgerechnet der hoch geschätzte Marek Janowski mit dieser Einspielung eine der wohl schlechtesten Veröffentlichungen zum Wagner-Jahr vorgelegt hat. Wie singt Brünnhilde gegen Ende? „Der Götter Ende dämmert nun auf“. Quod erat demonstrandum!

Peter Sommeregger