Archiv für den Monat: Juni 2015

Ein Mönch sehnt sich nach Liebe

 

Es ist die alte Geschichte. Amarus weiß nicht, wer sein Vater und seine Mutter waren. Er ist ein Findelkind und lebt in einem Kloster. Sein Name bedeutet Bitternis. Ein Engel prophezeit ihm, dass er des Todes sei, sollte er nur ein einziges Mal vergessen, das Öl für das Ewige Licht nachzufüllen. Eines Morgens, als er seinen Dienst versehen will, findet er ein Liebespaar in Andacht vor dem Altarbild. Eine große Sehnsucht nach eigenem Glück ergreift ihn. Amarus vergisst seinen heiligen Dienst und folgt den Liebenden hinaus ins Freie. Das Licht erlischt. Später finden ihn die Mönche tot. Das ist der Inhalt der lyrische Kantate Amarus für Soli Chor und Orchester von Leoš Janáček. Er komponierte das Werk 1897. Es steht am Beginn der Serie seiner erfolgreichsten Werke. Praga Digitals im Vertrieb von harmonia mundi hat eine Einspielung unter Václav Neumann herausgebracht, die am 28. März 1974 im Prager Smetana-Saal in Stereo mitgeschnitten wurde (PRD 250 308). Für eine Liveaufnahme klingt das Dokument ganz vorzüglich. Zunächst hatte ich auf Studio getippt. Dann aber ist hier und da ein Räuspern zu vernehmen. Gelegentlich summt der Maestro mit. Der Text geht auf eine Dichtung von Jaroslav Vrchlický, der als Schüler von Victor Hugo gilt. Er verfasste Opernlibretti, darunter zu Dvoráks Oper Armida und übersetzte Werke der Weltliteratur wie Goethes Faust und die Göttliche Komödie von Dante ins Tschechische.

Lyrisch wie es der Titel verspricht, ist auch der musikalische Grundgehalt. Betörend der Beginn. Einsamkeit und Sehnsucht sind selten so eindringlich in musikalische Form gebracht worden. Sofort werden die Zuhörer in das Geschehen hineingezogen und nehmen Anteil, als seien sie selbst betroffen. Was den späteren Meisterwerken vorbehalten ist, hier klingt es bereits unverwechselbar an. Hundert Prozent Janácek! Die Originalsprache bleibt auch bei diesem sehr poetischen Werk eine Hürde für den Zugang. Inzwischen hat sie sich zwar weltweit für Janáceks Opern durchgesetzt. Den Einzelheiten in Handlung und Ausdruck kann aber nur derjenigen folgen, der die Sprache kennt. So ist das auch bei Amarus.

Die Solisten der Aufnahme, der Tenor Vilém Přibyl und die Mezzosopranistin Věra Soukupová sind Muttersprachler. Sie garantieren Authentizität. Beide haben einen guten Namen, weit über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus. Sie sind auch in westeuropäischen Städten aufgetreten. Neumann gilt weltweit als Sachwalter für tschechische Musik. Bei ihm ist das Werk in den besten Händen. Es singt der Philharmonische Chor Prag, es spielt die Tschechische Philharmonie. Neumann leitet außerdem die Orchestersuite aus der Oper Das schlaue Füchslein sowie das Vorspiel zum Spätwerk Aus einem Totenhaus, dem sich ebenfalls noch die Suite anschließt, diesmal unter der Leitung von František Jílek. In den Suiten entfällt das Sprachproblem. Ich liebe sie auch deshalb sehr. Die Musik kann sich völlig frei von Verständigungsproblemen entfalten. Das gilt übrigens nicht nur für Janáček.   Rüdiger Winter

Rosen aus Albanien

 

Nicht unbedingt an schöne Musik denkt man, wenn man „Albanien“ oder „Kosovo“ hört, eher an ethnische Konflikte, auch Kriminalitätsstatistiken und Hütchenspieler, und gerade das war wohl einer der Gründe dafür, dass die kosovarische Mezzosopranistin Flaka Goranci nun eine CD mit Volksmusik und volkstümlichen Songs aus ihrer Heimat und dem Nachbarland unter dem Titel Albanian Flowers vorstellt. Das Booklet dazu gleicht eher einem Reiseprospekt mit seinen vielen verlockenden Fotos von schöner Landschaft und interessanten Altertümern, auch dem friedlichen Nebeneinander unterschiedlicher Religionen. In die Fotos sind die Liedtexte eingestreut, die wie alle Volkslieder von erfüllter und unerfüllter Liebe, von der zu Heimat und Natur künden. Es gibt dankenswerterweise Übersetzungen ins Englische wie ins Deutsche, wobei letzteres nicht immer ganz korrekt ausfällt. Weniger mit seiner Musik als mit einigen arrivierten Sängern wie Inva Mula oder Saimir Pirgu ist Albanien bisher ins Licht der Opernwelt getreten, die Lieder klingen insofern nur bedingt authentisch, als die Begleitung von Kushtrim Gashi für Klavier, Violine und Cello arrangiert wurde, die zwar manchmal etwas verfremdet klingen, so im Track 10, wo man ein fremdartiges Schlagzeug zu vernehmen meint. „Als kleinen Beitrag im Sinn einer Brückenfunktion“, will sich die CD verstehen.

libero chat room sesso ukcoppia webcamtoon sesso dal vivo companhiadocorpo.net.brport sanilac web camplayboy sesso in diretta gratislesbiche incontri online gratisweb cam hialeah villafocus.plverstehen, nachdem das Land stärker als jedes andere in Europa bis 1990 unter extremer Abschottung durch Fremdherrschaft und danach durch das kommunistische System Enver Hoxhas litt. Unüberhörbar sind der türkische und der italienische Einfluss auf die albanische Volksmusik, ähnlich klingt es manchmal im Sommer aus den offenen Cabrios türkischer Jugendlicher in Berlin, besonders auf Track 6, Öffne deine dunklen Augen trifft das zu. Aber auch Tangoähnliches lässt sich vernehmen. Das Ensemble Dielli, in dem auch der zu den Wiener Philharmonikern gehörende Cellist Edison Pashko spielt, besteht zudem aus Mennan Berveniku (Klavier) und Adela Frasineanu, in Deutschland ausgebildeter Geigerin.

Die Sängerin verfügt über einen leichten, hellen Mezzosopran (sie debütierte mit der Rosina), den sie sehr kultiviert einsetzt. Sie hat eine gute Mittellage, und die Piani klingen farbig. Wie die Lieder es erfordern, weiß sie Leichtigkeit wie Temperament zu zeigen; an den Songs selbst liegt es, dass auch durchaus freudige Ereignisse wie eine Liebesheirat in leicht klagendem Ton gefeiert werden. Sowohl eine schöne Dunkelheit (für Schenke mir dein Lächeln) wie Ausflüge in Soprangefilde (Schneeglöckchen) sind der beweglichen Stimme ohne Farbverlust gestattet. Wie das Cover-Foto beweist, kommt zu den vokalen Vorzügen ein höchst attraktives Aussehen, das einer Opernkarriere zusätzlich dienlich sein sollte. Und die Albanian Flowers sind zweifellos rote Rosen (Gramola 99066). Ingrid Wanja

Jess Thomas

 

Die Besetzungslisten der Bayreuther Festspiele in den 60er und 70er Jahren zeugen von vergangenem Tenor-Reichtum: Neben anderen waren Wolfgang Windgassen, Sándor Kónya, Jon Vickers, James King, Jean Cox und Jess Thomas zu erleben. Wolfgang Denker widmet diese Folge unserer Serie Meine geliebte Stimme dem amerikanischen Sänger Jess Thomas.

Jess Thomas: Autogrammkarte/Denker

Jess Thomas: Autogrammkarte/Denker

Als Jess Thomas am 23. April 1982 als Parsifal (im Rahmen eines Gastspiels der Metropolitan. Opera in Washington) seinen Abschied von der Opernbühne nahm, konnte er auf eine 25-jährige internatio­nale Karriere zurückblicken. Fast 2000 Abende hatte er in dieser Zeit gesungen und wurde als Heldentenor vor allem in Bayreuth, an der Metropolitan Opera, in Wien und in München gefeiert. Dass dabei meistens neben der stimmlichen Leistung auch und besonders seine intelligente, psychologisch-differenzierte Darstellungs­weise bewundert wurde, kommt nicht von ungefähr: Der am 4.8.1927 in Hot Springs (South Dakota) geborene Jess Floyd Thomas studierte in Nebraska und an der Stanford University in Palo Alto Psycholo­gie (mit Diplom- und Magisterabschluss) und war u. a. als Erziehungsberater und Jugendpsychologe tätig. Zur Musik und zum Gesang zog es ihn aber schon damals, und so lernte er anlässlich einer Hoch­schulaufführung des Falstaff, in der er eine kleine Rolle hatte, den aus Deutschland stammenden Musikpädagogen Otto Schulmann kennen. Schulmann, der sein Gesangslehrer und freundschaftlicher Berater wurde, drängte den jungen Thomas zu einer umfassenden Musik- und Theaterausbildung. Ein Gesangswettbewerb der San Francisco Opera bescherte ein erstes Engagement. Thomas sang den Faninal im Rosenkavalier (Elisabeth Schwarzkopf war die Marschallin, Leinsdorf stand am Pult), den Malcolm. in Macbeth (mit Leonie Rysanek als Lady) und andere kleine Rollen. Das war 1957. Ein Jahr später ging Jess Thomas nach Deutschland und wurde in Karlsruhe engagiert (1958 – 1961). Dort war Lohengrin seine erste große Partie, und Thomas bezeich­nete dieses Datum, den 23.11.1958, als sein „eigentliches“ Debüt. In schneller Folge kamen nun große Partien: Florestan, Hoffmann, AIfredo (La Traviata) und Dimitri (Boris Godunow). Bald riefen größere Opernhäuser wie Stuttgart und München. 1959  wirkte Jess Thomas  in einer Fernsehverfilmung der Macht des Schicksals mit (Partnerin war Gerda Scheyrer), die als Eurovisions-Sendung in ganz Europa ausgestrahlt wurde und ihn schlagartig be­kannt machte.

 

Jess Thomas mit Birgit Nilsson in "Tristan und Isolde" an der Met/Melancon/Met Opera Archive

Jess Thomas mit Birgit Nilsson in „Tristan und Isolde“ an der Met/Melancon/Met Opera Archive

Damals war Jess Thomas noch unentschlossen, ob das italienische oder das deutsche Repertoire für ihn besser geeignet sei. Der Bacchus bei den Münchner Opernfestspielen I960 war ein Schritt in die richtige Richtung. Und als Wieland Wagner ihn (trotz eines frustrierenden Vorsingens zwei Jahre zuvor) als Parsifal für die Bayreuther Festspiele 1961 engagierte, waren die Weichen endgültig gestellt, auch wenn er Radames, Cavaradossi und Calaf noch in seinem Repertoire behielt. In einem Interview mit Gerhart Asche äußerte sich Jess Thomas zu seinem ersten Bayreuther Parsifal: „Es war eine der glücklichsten Zeiten meines Lebens, und ich habe damals einmal im Scherz zu Knappertsbusch gesagt, ich müsse ihm eigentlich böse sein, dass er gleich am Anfang meiner Karriere mit mir den Parsifal machte; denn was könne ich danach noch Größeres erwarten? Seine Interpretation schien mir so selbstverständlich und richtig zu sein, und die Art, wie er mich als Sänger führte, war wirklich einmalig. (…) Parsifal ist ein ganz anderer ‚Held’ als alle anderen, weil er als einziger absolut positiv ist. (…) Parsifal erfährt im Laufe der Handlung eine Persönlichkeitsentwicklung, die ihn für mich zum edelsten unter den Wagner-Helden macht. (…)  Auch sängerisch hat das Weiche, das Lyrische einen wichtigen Stellenwert in dieser Partie. Etwa in der Szene auf der Karfreitags-Aue. Das ist für mich das Schönste, was es überhaupt bei Wagner zu singen gibt.“

 

Jess Thomas/Lohengrin und Chester Ludgin/Telramund in San Francisco/Foto Pete peters/sfopera.com

Jess Thomas/Lohengrin und Chester Ludgin/Telramund in San Francisco/Foto Pete Peters/ sfopera.com

Bayreuth hatte seit diesem Parsifal einen neuen, attraktiven Wagner-Tenor, der dort (außer Tristan und Siegmund) alle großen Partien singen sollte. Den Parsifal sang er 1961 – 1963 und 1965; 1962 kam der Lohengrin hinzu. Den sang er auch in einer Vorstellung des Festspielsommers 1967. Es war das Jahr, in dem Sándor Kónya krankheitsbedingt nur die Premiere gegeben hatte und sich James King, Jess Thomas, Hermin Esser und Jean Cox die restlichen Vorstellungen teilten. 1963 und 1969 war er Stolzing, 1966/67 Tannhäuser und. 1969 sang er unter Lorin Maazel beide Siegfried-Partien. 1976 kehrte er letztmalig als Götterdämmerung-Siegfried (im unvergessenen Chéreau-Ring) nach Bayreuth zurück. An „offiziellen“ Schallplattenmitschnitten aus Bayreuth gibt es mit Jess Thomas den vor allem von Knappertsbusch grandios musizierten Parsifal (mit der opulenten Besetzung Hotter, London, Neidlinger, Talvela, Dalis) und den von Sawallisch etwas spannungsarm dirigierten Lohengrin mit Anja Silja – beide Aufnahmen aus dem Jahr 1962. 1963 wurde Jess Thomas in Bayreuth die Wagner-Medaille verliehen. Die Zusammenarbeit mit Wieland Wagner, den Jess Thomas trotz ge­legentlicher Differenzen sehr bewunderte, beschränkte sich nicht allein auf Bayreuth; auch in Wien und Berlin sang er unter seiner Regie den Lohengrin. 1961 inszenierte Wieland an der neu eröffneten Deutschen Oper Berlin Aida, Gloria Davy und Jess Thomas waren die Protagonisten, Karl Böhm dirigierte.

Auch diese Inszenierung Wieland Wagners spaltete sowohl Publikum als auch Presse in zwei Lager. Für Jess Thomas hatte sie jedoch ein Angebot der Metropolitan Opera zur Folge, wo er als Radamès debütieren sollte. Thomas bestand aber erfolgreich auf den Meistersingern: Am 11.12.1962 betrat er als Stolzing erstmalig die Bühne der Ney Yorker Met. Rund hundert Auftritte hatte er dort bis zu seinem Abschied 1982. (Nur für die Centennial Gala am 22.10.1983 kehrte er noch einmal auf die Bühne der Met zurück, um mit Jessye Norman das Duett aus der Walküre zu singen.) Aus dem italie­nischen Repertoire sang Thomas an der Met nur jeweils eine handvoll Aida– und Turandot-Aufführungen. 08 Plakat-001Richard Wagner und Richard Strauss waren seine absoluten Schwerpunkte geworden. Er sang (außer Erik und Loge) alle einschlägigen Wagner-Partien, machte als Lenski Ausflüge in die russische Oper und. beeindruckte (auch optisch!) als Samson. In der New Yorker Erstaufführung (29.12.1962) der Ariadne auf Naxos war er der Bacchus (Ariadne war Leonie Rysanek, Gianna d’Angelo sang Zerbinetta, Karl Böhm dirigierte, Carl Ebert hatte inszeniert). Die New Yorker Presse schrieb damals: „Thomas löste das schwierige Dilemma, einen Gott darzustellen, dadurch, dass er wie ein Gott sang.“ Als am 16. 9.1966 die neue Metropolitan Opera im Lincoln Center mit dem Auftragswerk Anthony and Cleopatra von Samuel Barber in einer prunkvoll-überladenen, insgesamt nicht sehr glücklichen Inszenie­rung von Franco Zeffirelli eröffnet wurde, waren Leontyne Price, Justino Diaz und Jess Thomas die Sänger der Premiere. Es gab aber nur diese eine Aufführung! Seine meistgesungene (und heiß geliebte) Partie an der Met war der Florestan, den er dort I3 mal verkörperte.

 

Jess Tomas: Stolzing an der Met/Met Opera Archive

Jess Tomas: Stolzing an der Met/Met Opera Archive

Auch in Wien wer dies seine häufigste Rolle (26 mal). Zu Wien und zur Wiener Staatsoper hegte Jess Thomas während seiner gesamten Laufbahn eine besondere Zuneigung; Wien war immer die „Stadt seiner Träume“. Trotzdem pokerte er 1964 bei den Vertragsverhandlungen mit Herbert von Karajan und Egon Hilbert, indem er auf der damals nur für italienische Tenöre gezahlten Höchstgage bestand. „Kann man Kunst tatsächlich auf die reine Gagenfrage reduzieren? Ich glaube ja. Ich habe jede Gage als Bestätigung dafür aufgefasst, wie andere meine Arbeit einschätzen“, schreibt er in seinen Erinnerungen. Man mag zu dieser Auffassung stehen, wie man will – seine Forderungen wurden jedenfalls erfüllt. Der Kaiser in der Frau ohne Schatten (anlässlich des 100. Geburtstages von Richard Strauss am 11.6.1964) war seine erste Zusammenarbeit mit Herbert von Karajan. Ungefähr einhundertachtzig Vorstellungen sang Thomas bis zu seinem Abschied mit Lohengrin an der Wiener Staatsoper: sein gesamtes Wagner-Repertoire, Bacchus, Kaiser, Menelas (Die ägyptische Helena) und Florestan, dazu ein paarmal Cavaradossi und Radamès. Wien dankte es ihm mit dem Kammersängertitel.

 

Jess Thomas: Siegfried an der Met/Met Opera Archive

Jess Thomas: Siegfried an der Met/Met Opera Archive

Bei den Salzburger Festspielen 1964 und 1965 war Jess Thomas der Bacchus in Rennerts Ariadne-Inszenierung. Dirigent war Karl Böhm, unter dessen Leitung er rund fünfundsiebzig Mal in aller Welt ge­sungen hat, darunter allein einundzwanzig Aufführungen in Wien. Das Jahr 1969 brachte eine erneute Begegnung mit Herbert von Karajan, der ihn als Jung-Siegfried für die Schallplattenaufnahme und die damals gerade erst im dritten Jahr stehenden Salzburger Osterfestspiele engagierte. Im selben Jahr debütierte Thomas auch als Stolzing an der Covent Garden Opera unter Georg Solti: für Solti waren es seine ersten Meistersinger. Ein besonderes Zentrum seiner künstlerischen Tätigkeit war bis 1978 stets München. Thomas wirkte wiederholt bei den Münchner Opernfestspielen mit, gab 1962 mit großem Erfolg den Vasco da Gama in Meyerbeers L’Africaine und sang 1963 zur Wiedereröffnung des Nationaltheaters gleich in beiden Eröffnungspremieren: Die Frau ohne Schatten am 21.11. war nur für geladene Gäste, zwei Tage später sollte es für die Öffentlichkeit die Meistersinger geben. Doch am 22.11.1963 wurde U.S.-Präsident Kennedy ermordet – eine Absage der Premiere drohte. Aber man entschied sich, nach Rück­sprache mit Washington, doch zu spielen. Nach einer Gedenkminute und der amerikanischen Nationalhymne hob sich der Vorhang zu einer trotz zunächst gedrückter Stimmung letztlich doch inspirierten und begeistert aufgenommenen Vorstellung. Für die beiden amerikanischen Sänger Claire Watson, die das Evchen sang, und Jess Thomas waren die Ereignisse natürlich eine besondere Belastung. Beide Premieren wurden von Joseph Keilberth geleitet und für die Schallplatte auf­gezeichnet. Auch die Bayerische Staatsoper ernannte Jess Thomas zum Kammersänger. R-1598014-1231321442.jpegNeben seinen Stammhäusern in München, Wien und New York trat Jess Thomas an fast allen großen Bühnen auf: 1963 und 1965 war er als Lohengrin an der Mailänder Scala, mit dem Ensemble der Wiener Staatsoper gastierte er als Tristan in Moskau, mit den Bayreuther Festspielen 1967 als Siegmund in Osaka, in Zürich trat er seit 1973 regelmäßig auf, an der Pariser Oper sang er in der Walküre. 1965 kehrte er, nun als internationaler Star, an sein heimatliches Opernhaus in San Francisco zurück. In zwölf Wochen sang er dort achtzehn Vorstellungen: Lohengrin, Tosca und Meistersinger. Später trat er dort auch als Bacchus, Siegfried, Tannhäuser, Parsifal, Tristan und Peter Grimes auf. 1974 heiratete Jess Thomas zum zweiten Mal. Als er 1977 fünf Vor­stellungen von Tristan und Isolde am Teatro Colon in Buenos Aires, der Heimat seiner Frau, sang, wurde zwischen der 4. und 5. Aufführung beider Sohn geboren. Bei Jess Thomas wurde nun der Wunsch nach mehr Zeit für die Familie immer größer. „Ich hatte gut verdient und in den meisten der besten Opernhäuser der Welt in Opern gesungen, die ich schätzte. Jeder weitere Schritt in meiner Karriere konnte nur mehr eine Abwärtsentwicklung bedeuten“, schreibt er in seiner Autobiographie. „Ich wollte aufhören, solange ich noch jung und vital genug war, mich anderen Dingen zuzuwenden. Das gelingt nicht jedem Künstler, und manche versuchen sogar, auf der Bühne zu sterben.“

 

18 CD Eloquence-001

Dass seine Aktivitäten nach seinem Bühnenabschied geringer wurden, kann nicht gerade behauptet werden. Er unterrichtete junge Sänger, gab weiterhin Liederabende, spielte in der achtstündigen Wagner-Fernsehserie (mit Richard Burton als Wagner) den Tenor Albert Niemann und schrieb unter dem Titel „Kein Schwert verhieß mir der Vater“ seine Memoiren. Am 11. Oktober 1993 verstarb Jess Thomas in Tiburon (bei San Francisco). Die damalige Opernfachzeitschrift „Orpheus“ schrieb in ihrem Nachruf: „Er galt als der schlanke Heldentenor seiner Zeit, und seine Auftritte an den wichtigen Opernzentren seiner Zeit waren Legende. Zu einer herrlich produzierten, klaren und strahlenden Tenorstimme kamen eine blendende Bühnenerscheinung und ein diskretes, rollenimmanentes Spiel. Nicht nur Wagner war sein wichtigster Komponist, sondern auch Strauss, dessen Kaiser in der „Frau ohne Schatten“ später nicht übertroffen wurde. Aber auch sein Bacchus, sein Florestan, sein Samson machten Geschichte. Er war der Caesar in Barbers Oper, aber auch Cavaradossi und Lenski an der Met und andernorts. Einen Ersatz hat es für ihn nicht gegeben.“

 

Jess Thomas auf Schallplatten: Die offiziellen Schallplattenaufnahmen von Jess Thomas sind nicht allzu zahl­reich, doch sind seine wichtigsten Partien wie Lohengrin, Stolzing, Parsifal und Bacchus dokumentiert. Jess Thomas erzielte einen nicht geringen Teil seiner Wirkung durch seine blendende Bühnenerschei­nung, sein attraktives, jugendliches Aussehen. Das fällt bei den Schallplatten natürlich unter den Tisch, und man bedauert es ein bisschen. In manchen Aufnahmen ist die Dauerbelastung durch die schweren Wagner-Partien spürbar, wenn es etwas an stimmlicher Frische und Leichtigkeit mangelt. Gleichwohl zeigen besonders sein Lohengrin bei EMI und sein Wagner-Recital bei DGG intelligenten, kultivierten und zumeist äußerst klangschönen Gesang, der ihn als einen der bedeutendsten Wagner-Tenöre der Nachkriegszeit ausweist. Seine etwas „grobkörnige“ Stimme war unverwechselbar. Man erkennt Jess Thomas sofort vom ersten Ton an. Sein Gesang war kraftvoll und konnte heldischen Glanz verbreiten. Seine wichtigsten Aufnahmen werden hier aufgeführt, unabhängig davon, ob sie zurzeit lieferbar sind.

MI0003427115Operngesamtaufnahmen/Strauss, Die ägyptische Helena (Jones, Gruberova, Glossop, Schreier / Wiener Staatsoper / Jusef Krips) RCA/Strauss, Ariadne auf Naxos (Hillebrecht, Grist, Troyanos, McDaniel, Fischer-Dieskau / Symph.-Orch. d. Bayer.Rundfunks / Karl Böhm) DGG Strauss, Die Frau ohne Schatten (Bjoner, Mödl, Hallstein, Fischer-Dieskau, Borkh, Hotter / Bayer. Staatsoper / Josef Keilberth) DGG Wagner, Lohengrin (Grümmer, Ludwig, Fischer-Dieskau, Frick, Wiener / Wiener Philharmoniker / Rudolf Kempe) EMI/Wagner, Lohengrin (Silja, Varnay, Vinay, Crass, Krause / Orchester der Bayreuther Festspiele / Wolfgang Sawallisch) Philips/Wagner, Lohengrin (Bjoner, Varnay, Neidlinger, Crass, Krause / Mailänder Scala / Wolfgang Sawallisch) Living Stage/Wagner, Lohengrin (Watson, Ludwig, Berry, Talvela, Wächter / Wiener Staatsoper / Karl Böhm) Orfeo/Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg (Watson, Benningsen, Wiener, Kusche, Hotter, Metternich, Lenz / Bayer. Staatsoper / Josef Keilberth) Eurodisc/Wagner, Parsifal (Dalis, London, Talvela, Hotter, Neidlinger / Orchester der Bayreuther Festspiele 1962  / Hans Knappertsbusch) Philips/Wagner, Parsifal (Dalis, Hotter, London, Weber, Neidlinger / Orchester der Bayreuther Festspiele 1961 / Hans Knappertsbusch)  Myto/Wagner, Siegfried (Dernesch, Stewart, Stolze, Kelemen, Ridderbusch, Dominguez, Gayer / Berliner Philharmoniker / Herbert von Karajan)  DGG

MI0000971297Opernquerschnitte/Verdi, Ein Maskenball (Borkh, Wagner, Lear, Fischer-Dieskau, Sardi, Röhrl / Orch. d. Dt. Oper Berlin / Giuseppe Patane) DGG/ Verdi, Die Macht des Schicksals (Woytowicz, Ahlin, Fischer-Dieskau, Stern / Radio-Symph.-Orchester / Hans Löwlein) DGG/ Wagner, Götterdämmerung (Eileen Farrell / Leonard Bernstein) Penzance-Records/Weber, Oberon (Bjoner, Plümacher, Köth, Brauer / Bamberger Symphoniker / Wilhelm Schüchter) Eurodisc

 

Konzertaufnahmen/ Beethoven, Symphonie Nr.9 (Janowitz, Bumbry, London / Orchester der Bayreuther Festspiele 1963 / Karl Böhm) Melodram/Beethoven, Symphonie Nr.9 (Jones, Troyanos, Ridderbusch / Wiener Philharmoniker / Karl Böhm, DGG/Mahler, Das Lied von der Erde (Reynolds / Wiener Symphoniker / Josef Krips) Orfeo/Schönberg, Gurre-Lieder (Bowen, Nimsgern, Napier, Minton, Reich / BBC Chor u. Symph.-Orch. / Pierre Boulez) CBS Recitals/Jess Thomas singt Wagner (Meistersinger,  Lohengrin, Walküre, Rheingold, Rienzi, Parsifal / Berliner Philharmoniker  / Walter Born) DGG/Jess Thomas – Sängerporträt (Afrikanerin, Meistersinger, Walküre, Freischütz, Tosca, Carmen, Macbeth, Troubadour / Berliner Symphoniker / Horst Stein)  Eurodisc Foto oben: Jess Thomas als Lohengrin/Ausschnitt aus dem Cover/EMI

Franz von Suppés „Afrikareise“

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Eine Afrika-Operette von Franz von Suppé? Von 1883? Das klingt nicht sehr politisch korrekt in den Ohren des heutigen Gutmenschen, der Post-Achtundsechziger.Von Linken und Grünen. „Darf“ man sich ganz naiv an diesem hinreißenden Blödsinn erfreuen, sich amüsieren? „Darf“ man über blöde Scheichs, Oasen-Bedienstete lachen? „Darf“ man heute angesichts der Flüchtlingsströme aus Afrika an dieser unverstellt-kabarettistischen „Völkerschau“ Spaß haben? In einer Zeit, unserer, wo über Nacht ein Ranke-Platz zu einem opportunen Hollaender-Platz umfrisiert wird? Wo Clara Zetkin beinahe um ihre Straße gebracht wurde? Wo die Stadt Frankfurt Hindenburg gerade die Ehrenbürgerschaft aberkannte und TV-Moderator Moor die Stadt Berlin rügt, nicht dasselbe getan zu haben? Wie gehen wir eigentlich mit unserem marzialischen Kolonialerbe um? Drücken wir´s einfach weg? Deutsch-Süd-West war nicht? Das scheint ja sehr probat.

"Die Afrikareise": Jean-Leon Jerome/realhistoryww.com

„Die Afrikareise“: Jean-Leon Jerome/realhistoryww.com

Aber man kann ja auch bei allem Geschichts-Bewusstsein drüber lachen. Zumal diese Operette, obwohl in Kairo und der Wüste spielend, eigentlich mit Afrika nicht wirklich etwas zu tun hat. Sie verwendet dies Sujet als Folie, wie Puccini Japan oder Meyerbeer Indien. Das spielt eigentlich alles zu Hause, wo sich Sänger/Schauspieler kostümieren, so tun, als ob. „Gustl, was machst denn Du in China?“ ist eine der wunderbarsten Zeilen aus dem Land des Lächelns. Das ändert nichts an Hereros, Khartoum und Deutsch-Süd-West, sicher nicht. Aber es zeigt auch die Naivität einer imperialen Gesllschaft, sich dies Sujet als Unterhaltung „reinzuziehen“. Das sagt viel über Verdrängen, über Frivolittät und Wirklichkeitsverkennung, gewiss. Es sind in Teilen die absurden Texte, die vielleicht die Augenbrauen sich heben lassen: Unverstellte Kolonialvergangenheit zeigt sich hier. Das erinnert an Gounods Cinq-Mars und habsburgisch-wilhelminisches Säbelrasseln – auf den Arm genommen. Herrlich!. Weil so absurd, so frivol, so komisch. Und dann die Musik! Wunderbar! Nachstehend also der Artikel vom Suppé-Champion Uwe Aisenpreiszu den Bestrebungen, das vergessene Werk neu vorzustellen. Von einem Italiener in Großbritannien. Die haben eben weniger Berührungsängste. G. H.

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"Die Afrikareise": Franz von Suppé/Wiki

„Die Afrikareise“: Franz von Suppé/Wiki

Franz von Suppés 1883 uraufgeführte Operette Die Afrikareise steht in einer Reihe seiner Spätwerke, die bald nach Beginn des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit geraten sind. Dabei war sie im Jahr ihrer Uraufführung durchaus erfolgreich. Selbst ein Suppé nicht wohlgesonnener Kritiker (Wiener Zeitung), der selbst seine Gegnerschaft zu ihm einräumte, musste eingestehen, dass die Uraufführung ein „ungeheurer Erfolg“ war und fügte noch hinzu: „ein Schreien und Lärmen [des Publikums], dass man fast das Gehör einbüßte“. Und weiter bemerkte er noch süffisant: „Leider galt der lebhafteste Beifall nicht den ruhigeren, schön gearbeiteten Nummern, die das Werk enthält, sondern trivialen Stücken, die gefielen, weil sie schon früher gefallen haben…“ . (Dass er an dieser Stelle zu Plagiatsvorwürfen tendierende Andeutungen wiederholt vorbringt, ist ein Kapitel für sich wert). Ein anderer Kritiker von der „Lyra“ meinte dagegen, Suppé habe mit dieser Operette alle seine Rivalen in den Schatten gestellt.

"Die Afrikareise": Plakat zur englischen Erstaufführung/ORCA

„Die Afrikareise“: Plakat zur englischen Erstaufführung/ORCA

In Wien brachte es die Afrikareise innerhalb eines Jahres auf 43 Vorstellungen. Bereits im Herbst 1883 fand die deutsche Erstaufführung in Hannover statt, im Januar 1884 folgte Berlin. Hier wurde die Begeisterung des Publikums vermerkt, das „bereits im ersten Akt so viel wiederholt haben wollte, dass man das Gefühl hatte, es wolle die ganze Operette zweimal gesungen haben“. Und das Hamburger Fremdenblatt fand sogar nach der Hamburger Premiere im März 1884, dass „Suppé der genialste und schöpferischste unter allen jetzt lebenden Operettenkomponisten“ sei. Von Anbeginn an wurde allerdings auch das Textbuch stark kritisiert. Das selbe Hamburger Fremdenblatt schreibt dazu: “ In der Versifikation und dem Reimwert der Gesangstexte ist mit einem Leichtsinn und einer Sinnlosigkeit verfahren, die wir bei den Herren West und Genée, die doch wissen, welchem Meister sie ihr Libretto lieferten, nicht begreifen“. Mit den Herren waren zum einen Richard Genée, der zusammen mit F. Zell das erfolgreichste Librettistenduo der klassischen Wiener Operette bildete und Moritz West, der später zusammen mit Ludwig Held den Text zum Vogelhändler verfassen sollte, gemeint. Und Genée konnte sicher die schlechten Verse nicht darauf zurückführen, dass er sich diesmal mit Moritz West zusammengetan hatte, denn üblicherweise war er, der ja auch Komponist war, für die Reime zuständig. Die Wiener Zeitung „Die Presse“ fand wenigstens noch einiges Gute an den Dialogen: „Das Textbuch ist fürchterlich und wären nicht im Dialog einige gute und zeitgemäße Späße eingestreut, die Librettisten hätten fast die Operette umgebracht“.

"Die Afrikareise": Alessandro Girardi war der erste Miradillo/ORCA

„Die Afrikareise“: Alessandro Girardi war der erste Miradillo/ORCA

Zu den Versen, welche die Operette fast umgebracht hätten, kann man beispielsweise diesen zählen: Herrliches Bild, wo Lied und Becher klingen/ wo lusterfüllt die Herzen auf sich schwingen!  Dorthin wo Liebe uns selig macht / dort wo das Glück, wo holde Freiheit lacht. Aber nicht alle Verse sind so schlecht, es gibt auch einige brauchbare darunter: In Ägypten wird gestohlen, oben, unten, kreuz und quer!/ Keinem bleibt mehr was zu holen, selbst für England blieb nichts mehr./ Doch der Brite, unverdrossen, handelt immer kurz entschlossen/ – während andere konferenzen/ zieht er seine Konsequenzen / schießt zusammen was im Weg ihm/ Schlägt dann bei Tel – et – Kebir! / Ach ja, dies ist englisch, / nur dies ist englisch, das ist die richtige Manier! Diese Verse spielen auf die englische Besetzung Ägyptens im Jahr 1882 (ein Jahr vor der Uraufführung) an, sind somit für die damalige Zeit hochaktuell, können aber, wie das bei solchen Couplets üblich war, jeweils an die gerade aktuellen Vorkommnisse angepasst werden Die Handlung selbst scheint mir aber nicht, wie Suppés Biograph aus der ehemaligen DDR, Otto Schneidereit, meinte, „selbst für einen Schwank zu schwächlich“ zu sein. Schneidereit spricht gar von einem „in Einfall und Ablauf ärmlichen Libretto“.

Wenn man die Inhaltsbeschreibung liest, kann man diesen Eindruck nicht unbedingt gewinnen. Sicherlich – Geschichten um die Bedingungen einer Erbschaft hat es im Theater schon hunderte Male gegeben. Aber für einen besonders witziger Einfall halte ich doch, dass die weibliche Hauptfigur sich eines Heiratsschwindlers bedient, um selbst einen Heiratsschwindel ganz anderer Art zu begehen, dann aber jener Gauner, den sie erpresst, den Spieß umdreht, sie seinerseits erpresst und ausnimmt wie eine Weihnachtsgans. Diese Situation wird übrigens in einem köstlich komödiantischen und musikalisch hervorragenden Quartett ausgehandelt. Gerade der erste Akt kommt mir vom Buch her noch durchaus gelungen vor.

"Die Afrikareise": Ouvertüre bei youtube

„Die Afrikareise“: Ouvertüre bei youtube

Sicher mag zutreffen, wenn Suppé Biograph Hans-Dieter Roser feststellt, dass die „Zeit der klar erzählenden, den Handlungsfaden weiterspinnenden Libretti vorbei [war]“. Aber eine Besonderheit ist mir dabei aufgefallen. Die Afrikareise ist eine der ersten Operetten, in deren Handlung ein Buffopaar integriert ist (zuvor gab’s das auch schon beim Bettelstudent), wie es in der nachfolgenden sog. Silbernen Ära der Operette obligatorisch wurde und dessen Handlungsstränge nur noch lose mit der eigentlichen Handlung verknüpft waren. Möglicherweise unfreiwillig entwickelte sich die Handlung der Afrikareise dahingehend, dass das Buffopaar den Hauptanteil daran bekam und dennoch ist der Handlungsstrang unmittelbar mit dem anderen Paar und den übrigen Personen eng verwoben. Überhaupt ist die Rolle des Betrügers Miradillo eine tragende und umwerfend komische und wurde zur Paraderolle des damals berühmtesten Wiener Operettendarstellers, Alexander Girardi, der von der Presse auch entsprechend gewürdigt wurde.

"Die Afrikareise": der Librettist Richard Genée/Wiki

„Die Afrikareise“: der Librettist Richard Genée/Wiki

Leider ist nicht zu übersehen, dass den Librettisten spätestens im 3. Akt die Puste ausging (bereits das 2. Finale war dramatisch schon nicht mehr überzeugend). Sogar ein wohlmeinender Kritiker (Ludwig Held, späterer Kompagnon von Moritz West beim Vogelhändler und anderen Operetten) schreibt: „…Operetten-Libretti haben sich längst das Recht auf mehr oder minder große Unwahrscheinlichkeiten erworben. Sie sollen nur lustig sein, … lustig und – dazu lag allerdings einige Veranlassung vor – nicht gar zu blödsinnig“. Lustig ist noch, dass man Mirodillo weismacht, seine Tessa sei ins Innere Afrikas verschleppt worden und er sich trotz aller ihm vorgegaukelten Schauermärchen über die dort lauernden Gefahren fest entschlossen zeigt, sie dort zu suchen. Ins Reich des blühenden Blödsinns gehört die Geschichte mit dem Gift: Fanfani soll auf Geheiß Tessas Mirodillo vergiften, trinkt durch deren Trick selbst aus der vergifteten Flasche und es wird ihm deutlich gemacht, das einzige wirksame Gegengift sei die Ehe mit Tessas ältlicher Mutter Buccametta. Während der Pascha sich das noch überlegen muss, wird das Happy End eingeleitet. Hier hat man wohl zugunsten eines Gags jegliche Plausibilität über Bord geworfen.

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Fesch!: Dirigent Dario Salvi leitet das Imperial Vienna Orchestra und hat "Die Afrikareise" ausgegraben/Orca/ imperialviennaorchestra.co.uk

Fesch!: Dirigent Dario Salvi leitet das Imperial Vienna Orchestra und hat „Die Afrikareise“ ausgegraben/Orca/
imperialviennaorchestra.co.uk

Doch zurück zur Musik. Auf der Nummer 4 einer 6-teiligen Serie des Labels Marco Polo mit der Slowakischen Staatsphilharmonie Franz von Suppé – Ouvertures Volume 1-6 befindet sich eine ca. 10-minütige Melodienfolge, die dort als Ouvertüre bezeichnet wird. Suppe hat jedoch nur ein sehr kurzes Präludium geschrieben. Diese Melodienfolge deckt schon ziemlich viel von der Musik ab, die in der Operette vorkommt und man bekommt eine erste Vorstellung über Qualität und Charakter der Musik. Bereits hier kann man den Eindruck gewinnen, Suppés Musik habe, wie es Otto Schneidereit bemerkt, „wienerischen Anstrich wie selten zuvor“. Hervorgerufen wird dieser Eindruck vor allem durch eine geradezu verschwenderische Verwendung von Walzern, Polkas und natürlich Märschen; orientalische Einfärbungen werden nur sparsam eingesetzt. Auf der bereits genannten CD gibt es auch noch einen Marsch Über Berg, über Tal, der seinerzeit eine gewisse Berühmtheit erlangte und über den der bereits zitierte Ludwig Held mutmaßte, dass „er sicherlich bald von sämtlichen Werkelmännern Wiens gespielt werden wird“. Auf der Nummer 3 der gleichen CD-Edition findet sich der Titania Walzer, eine Walzerfolge aus der Afrikareise, die den ganzen Liebreiz der Walzermelodien vermittelt. Und auf einer CD des selben Labels und gleichen Orchesters mit dem Titel Franz von Suppé – Marches – Waltzes – Polkas finden sich noch eine Polka francaise und eine Polka mazur mit dem Titel L’Orientale. Auf einer sog. Gesamtaufnahme der 3-aktigen Neubearbeitung von Suppés Operette Banditenstreiche der Labels Cantus Line bzw. Walhall sind noch zwei weitere Musikbeispiele zu hören: zunächst im ersten Finale eine kurze Chorpassage mit dem Text: „Er geht zu Malandrino, dieser Wicht“. Diese Passage stammt aus dem ersten Finale der Afrikareise und lautet dort: „Was wird dazu die Frau sag’n“. Als zweites stammt das gesamte 2. Finale der Banditenstreiche-Bearbeitung, beginnend mit „Sie standen da mit meiner Braut zusammen“ aus dem Quartett Nr. 4 im ersten Akt der Afrikareise, allerdings mit einigen Umstellungen und Streichungen. Auf einer Gesamtaufnahme von Suppés Frühwerk Pique Dame des Labels cpo befinden sich als Bonus einige Ouvertüren, darunter auch das sehr kurze Präludium der Afrikareise. Und als letzte der mir bekannten Einspielungen gibt es noch eine Rundfunkaufnahme des WDR Rundfunkorchester unter Curt Cremer, die sich Ouvertüre zur Afrikareise nennt. Diese „Ouvertüre“ ist aber moderner instrumentiert, etwa im Stil der Unterhaltungsmusik der 50er oder 60er Jahre und enthält einige weitere, bisher noch nicht gehörte Melodien.

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"Die Afrikareise": Auch Liebigs nahmen sich des Sujets an.../OBA

„Die Afrikareise“: Auch Liebigs nahmen sich des Sujets an…/OBA

All die genannten Aufnahmen decken aber noch lange nicht alle Musiktitel der Afrikareise ab. Wie schon bei Donna Juanita brachte mir erst die intensive Beschäftigung mit dem Klavierauszug einen Gesamteindruck über die tatsächliche Qualität der Musik. Lassen wir noch einmal einen der Kritiker der Uraufführung zu Wort kommen, der zwar zugegebenermaßen insgesamt wohlmeinend aber gelegentlich auch von oben herab urteilte, um die einzelnen Musiknummern zu „würdigen“ (Wiener Morgen Post vom 18.03.1883): „Der erste Akt enthält gleich ein schönes, musikalisch allerliebst ausgestaltetes Quartett […] ferner ein Terzett mit überaus nett pointiertem Refrain, der bald Popularität erlangen dürfte und ein vortrefflich aufgebautes Finale, durchwirkt mit einem zierlichen Walzer, einer Mazur und einem frischen Marschmotiv, die ein buntes, recht lebhaftes und farbenreiches Ensemble bilden. Das von … gesungene Couplet ‚Das Englische ist die richtige Manier‘ büßte schon darum an Wirksamkeit ein, weil es musikalische für die Gesangskunst von … zu hoch ist. Dagegen hörte sich das […] niedlich pointierte Lied ‚Sprechen Sie mit Mama‘ gefällig an, ebenso das hübsche Selamduett (Nr. 8, Blumen Duettino) während Herr Girardi mit dem nach dem bekannten Abt’schen Liede ‚Gute Nacht du mein herziges Kind‘ variierten Couplet die echte und rechte Stimmung im Publikum hervorrief, das bis dahin sich ziemlich zuwartend verhalten hatte. Ein Sextett mit abgebrauchtem Nieseffekte, ein schöner Chor, den Beginn des Beiramfestes und das Steigen des Nils besingend sowie ein nicht sonderlich wirksames Trinklied sind zu einem Finale verflochten, das gegen jenes des ersten Aktes ziemlich abfällt. Der […] dritte Akt bietet außer einer […] vorzüglich gesungenen Romanze sowie einem melodiösen, ins Ohr sich einschmeichelnden und dreimal zu Wiederholung begehrten Terzett […] nichts mehr Bemerkenswertes.“

Otto Pilny: Sklavenmarkt/conchigliadivenere.wordpress

Otto Pilny: Sklavenmarkt/conchigliadivenere.wordpress

Im Großen und Ganzen kann ich dem Rezensenten durchaus zustimmen. Leider hat er noch weitere gelungene Nummern gar nicht erwähnt, so z. B. die, wie fast immer bei Suppé, bereits zugkräftige Introduktion mit seinem Bakschischchor in orientalischer Einfärbung und dem herrlich köstlichen Touristenlied des Miradillo. Ebenso sind die beiden Entrees, sowohl das des Prinzen als auch das der Titania, wundervoll gestaltet und immer von Chorgesang begleitet. Auch findet das Duett/Terzett Nr. 12 zwischen Miradillo, Tessa und Fanfani merkwürdigerweise beim Kritiker keine Erwähnung, obwohl es doch, teils in bester opera buffa-Manier gehalten, auch den großen, zwar nach Titania benannten, aber von Tessa gesungenen Walzer enthält.

"Die Afrikareise" - wie beliebt die Musik war zeigft diese Polkazusammenstellung für´s heimische Klavier/archive.org

„Die Afrikareise“ – wie beliebt die Musik war, zeigft diese Polka-Zusammenstellung für´s heimische Klavier/archive.org

Unter’m Strich kann ich absolut dem zustimmen, was die Wiener Zeitung, allerdings nach der Uraufführung einer Neubearbeitung vom 14.06.1924 schreibt: „Nach den zum Überdruss genossenen Java, Jimmys und Steps wirken die Walzer, Märsche, ja selbst alte Polkalieder geradezu erquickend; man freut sich des Melodien- und Ideenreichtums der kraftvollen Ensemblechöre und Finales, dieser Fülle berauschender Musik, die aus einer solchen Operette wie Die Afrikareise herausgeschöpft werden kann.“   Es ist schade, dass diese Musik im wahrsten Wortsinn „sang- und klanglos“ in Vergessenheit geraten ist. Sicherlich müsste man, um das Werk wieder auf eine Bühne bringen zu können, das Textbuch, vor allem die Verse, gründlich überarbeiten. Aber man braucht meines Erachtens deswegen nicht gleich das Kind mit dem Bade auszuschütten und eine neue Handlung oder gar einen anderen Handlungsort zu erfinden. Einige Streichungen, z. B. die genannten Nieseffekte im zweiten Finale und einen plausibleren Schluss würden der Geschichte schon guttun. Es wurden in jüngster Zeit schon Operetten mit ähnlich schwachen Büchern aber mit geringerer musikalischer Qualität wiederbelebt, ob als Gesamtaufnahme auf CD, konzertante Aufführung oder auf den Brettern der Bühne. „The good news“ kommen ausgerechnet aus England. Das Imperial Vienna Orchestra unter ihrem Dirigenten Dario Salvi plant für 2016 eine konzertante Aufführung der Afrikareise, ebenso eine Gesamtaufnahme davon auf CD sowie ein Video. Man darf gespannt sein, ob dieses Projekt tatsächlich verwirklicht wird und darauf hoffen, dass CD und Video auch hier bei uns erhältlich sein werden. Uwe Aisenpreis

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"Die Afrikareise", Klavierauszug bei Cranz, Hamburg/youscribe.com

„Die Afrikareise“, Klavierauszug bei Cranz, Hamburg/youscribe.com

Dazu auch Michael Hardern auf der website von ORCAJust to wet your appetite a little further: Dario Salvi is currently busy working on the reconstruction of Suppé’s 1883 operetta A Trip To Africa (Die Afrikareise), in collaboration with the Johann Strauss Society of Great Britain and the University of Wisconsin (USA). They plan to perform the entire show in 2016. Mr. Salvi’s work includes arranging the parts and scores and supplying a translation of the original German text into English. Hopefully there will be a complete recording of this Suppé rediscovery.

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.Dank an Uwe Aisenpreis für die Überlassung seines Artikels. Dazu auch die interessante website des Autors: Ein Morgen, ein Mittag, ein Abend in Wien, die sich dem Komponisten Franz von Suppé widmet. Und auch die bereits erwähnte Biographie über Suppé von Hans-Dieter Roser, Franz von Suppé – Leben und Werk, Edition Steinbauer, Wien (978-3-902494-22-1); Dank an Kevin Clark von ORCA, der uns auf diesen Artikel aufmerksam machte und auf dessen website sich ein weiterer Artikel zur Afrikareise von Michael Hardern in Englisch findet. G. H. Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.

Franck Ferrari

 

Eigentlich war er für die Titelrolle in Chaussons Roi Arthus in Strasbourg geplant: Aber bereits im März 2014 kämpfte Franck Ferrari schon gegen den Pankreaskrebs, dem er schließlich am 18. Juni 2015 im Alter von 52 Jahren in seinem Haus in Nizza erlag. Ausgestattet mit einer sudländischen Kommunikations-Freudigkeit, von physisch hochgewachsener Statur, besaß Franck Ferrari (geboren am 12. Januar 1963 in Nizza) eine beeindruckende Präsenz und eine sonore Stimme. Er wurde von seinen Kollegen wegen seiner Ernsthaftigkeit in der Arbeit und seiner kommunikativen Fantasie im Leben geschätzt.

Dieser mit dem französischen Repertoire des 19. Jahrhunderts sehr vertraute Sänger war auch im italienischen Repertoire zu Hause. Davon zeugt der beeindruckende Scarpia an der Bastille-Oper (2007/ 2011) dargestellt hatte und noch mehr seine aufsehenerregenden Auftritte als Escamillo, eine seiner Lieblingsrollen, die er insbesondere in Frankreich unter der Leitung von Jean-Claude Casadesus und Michel Plasson verkörperte, aber auch in der Hollywood Bowl von Los Angeles und am Teatro Regio Turin. In seiner Heimatstadt Nizza, wo er am 12. Jänner 1963 in einer einfachen Familie geboren wurde, studierte der Sänger am Konservatorium, bevor er an der Opéra National de Paris mit kleinen Rollen begann. Mit 18 Jahren wurde Franck Ferrari Fallschirmspringer und kam bis in den Libanon, bevor er wieder zur Musik zurückkehrte. Seine Begegnung mit dem Pianisten Dalton Baldwin war für ihn entscheidend: Mit ihm hat der Bariton, der die französische Musil liebte, im Jahr 2013 für das Label Maguelone Music eine Gesamtaufnahme der Lieder von Jacques Ibert aufgenommen, darunter den berühmten Don QuichotteSein Weg führte Franck Ferrari in harter Arbeit und viel Einsatz bis an die Scala und an andere große internationale Häuser. Er galt als der ideale Vertreter der jüngeren Sängergeneration Frankcreichs.

Während einer Spanne von zwanzig Jahren war Franck Ferrari in ungefähr dreißig Rollen an der Opéra National de Paris zu sehen – im Palais Garnier und an der Bastille-Oper –, wo er 2013 zuletzt die Rolle des Hercule in Alceste von Gluck verkörperte. Man konnte ihn auch als Golaud in Pelléas et Mélisande von Debussy (2004) hören, als Marcello in La Bohème von Puccini (2005), als Paolo in Simon Boccanegra von Verdi (2006) und in den vier Bassrollen in Les Contes d´Hoffmann von Offenbach (2007) – diabolische Darstellungen mit gut timbrierter Stimme und szenischer Präsenz. In Erinnerung bleibt auch an das selten gespielte Meisterwerk von Enescu, Edipe, im Oktober 2010 am Théâtre du Capitole von Toulouse unter der künstlerischen Leitung von Nicolas Joel. Franck Ferrari verkörperte die Titelrolle des von den Göttern Verdammten dar, der er eine wahrhaft epische Dimension gab. Aber es war die Rolle des Hercule von Gluck, die der französische Bariton am Dienstag, dem 16. Juni, wieder aufnehmen sollte, in der Inszenierung von Olivier Py unter dem Dirigat von Marc Minkowski. Die Opéra von Paris widmete ihm nach einer Schweigeminute die erste Vorstellung. Elise Cabanet (Dank an Ingrid Englitsch für die Übersetzung)

Foto oben: Franck Ferrari/C. Amelia Bauer/Opéra national de Paris

Lucienne Delvaux

 

„Hérode, Hérode – ne me quite pas, ne me quite pas“: Die bedeutende belgische Mezzospranistin Lucienne Delvaux starb am 9. Juni 2015 (Oktober 10, 1916 in Liège – Juni 9, 2015 in Farcienne, Belgien). Ob wohl sie nur wenige

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offizielle und nicht überwältigend viele Live-Dokumente gemacht hatte, hinterlässt sie doch ein beispielhaftes Erbe: Sie kann zu den namhaften Vertreterinnen der französisch orientierten Nachkriegsgesangsschule gerechnet werden, die im Grand Repertoire in Paris und der französischen Provinz sowie in Belgien, Holland und einigen europäischen Städten Spuren hinterließ – vergleichbar mit den Kolleginnen Rita Gorr, Elisabeth Högen oder Zarah Dolukhanova.

Lucienne Delvaux/Hérodiade/ici.franchi.brascia.it

Lucienne Delvaux/Hérodiade/ici.franchi.brascia.it

Auf der Massenetschen Hérodiade ist sie eine ganz fabelhafte Titelsängerin, die sich mit Aplomb und einer bestens sitzende typisch französisch geschulten Mezzostimme in das Gedächtnis gräbt – hier singt sie 1963 neben Robert Massard und Suzanne Sarrocca in illustrer Gesellschaft und ist eine fulminante Königin, eine exemplarische Sängrin ihres Fachs, eine starke Persönlichkeit, wie man auch auf den wenigen Fotos von ihr sehen kann.

Lucienne Delvaux wurde 1916 in Belgien geboren und starb

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99-jährig ebendort. Sie erhielt ihre Ausbildung in ihrer Heimatstadt Liège und machte ihr Debut am Genter Opernhaus als Gudule in Jan Brockx´s Oper De Bruid der Zee (Die Braut der See). Von Gent ging sie nach Antwerpen und schließlich als festes Mitglied an die Opéra de la Monnaie in Brüssel (1953 – 1955). Danach engagierte sie die Pariser Oper als Amneris, Dalila und Ortrud. Sie blieb dem Genter Haus verpflichtet und trat daneben als Gast an zahlreichen weiteren Opernhäusern der französischen Provinz auf: Bordeuaux, Toulouse, Nantes und Strasbourg – bis in die Siebziger Jahre hinein.

Lucienne Delvaux/Carmen/OBA

Lucienne Delvaux/Carmen/OBA

In dieser Zeit sang sie weiterhin in Holland, Österreich und sogar Nord-Afrika (Algier). Zu ihren Partien zählten Donizettis Léonor, Azucena, Herodias von Strauss, Brangäne, Fricka, Kundry, Cassandre, die Mutter in Hamlet, Hérodiade, in Milahuds Eumenides, und viele mehr. 2008 veröffentlichte das Label Musique en Wallonie ein 2-CD-Album mit Ausschnitten aus ihren zahlreichen Radio-Auftritten. Auf youtube ist sie mit einigen Ausschnitten aus der erwähnten Hérodiade zu hören. G. H.

Foto oben: Lucienne Delvaux/OBA/musimem.com

L’âge d’Or de L’Opéra Comique/ L´Opéra

 

Voran gestellt: Die Firma opera-club.net gibt es nicht mehr, mit dem Tod deren Gründers und In Inhabers Walter Knoeff (s. dessen Nachruf hier bei operalounmge.de) ist auch vieles aus dem Repertoire dieses einzigartigen Live-Labels verschwunden, und es gibt kaum Hoffnung auf Wiederbelebung. Dennoch: Wegen des Informationswertes lassen wir diesen Artikel bei uns stehen.

Berühmte Namen des französischen Gesangs aus Zeit vor dem und nach den beiden letzten Kriegen finden sich auf jeweils 3 CDs der Ausgaben L’âge d’Or de L’Opéra Comique und L’âge d’Or de L’Opéra auf dem Label Rondine bei opera-club.net. Namen, die die Kenner in Verzückung bringen und Sänger, an denen kein Opernliebhaber vorbei kommt, der Heutiges beurteilen will. Gerade die französische Oper erholt sich ja nur ganz langsam von dem Kahlschlag des Krieges und der sechziger Jahre, als Internationalismus die Einheimischen erst in die Provinz und dann ins Vergessen drängte. Namen wie César Vézzani, Ninon Vallin, David Dévries, Emma Luart, Robert Massard und viele andere sind heute unbekannt, nur Altere erinnern sich und rollen mit den Augen. Hier nun die große Chance, in einer beispielhaften Anthologie „Le Grand Repertoire“ und bezaubernden Opéra Comiques zu erleben, meisterhaft vorgetragen. Im Folgenden wieder der Text von opera-club.net. G. H.

 

Hérold: Schokoladen-Beilage-Bildchen für "Les Prés aux Clercs"/OBA

Hérold: Schokoladen-Beilage-Bildchen für „Les Prés aux Clercs“/OBA

French Opera is one of Europe’s most important operatic traditions, containing works by composers of the stature of Lully, Rameau, Berlioz, Bizet, Debussy, Poulenc and Messiaen. Many foreign-born composers have played a part in the French tradition as well, including Gluck, Salieri, Cherubini, Rossini, Meyerbeer, Offenbach and Verdi. French opera began at the court of Louis XIV of France with Jean-Baptiste Lully’s Cadmus et Hermione (1673), although there had been various experiments with the form before that, most notably Pomone by Robert Cambert. Lully and his librettist Quinault created tragédie en musique, a form in which dance music and choral writing were particularly prominent. Lully’s most important successor was Rameau. After Rameau’s death, the German Gluck was persuaded to produce six operas for the Parisian stage in the 1770s. They show the influence of Rameau, but simplified and with greater focus on the drama. At the same time, by the middle of the 18th century another genre was gaining popularity in France: opéra comique, in which arias alternated with spoken dialogue. By the 1820s, Gluckian influence in France had given way to a taste for the operas of Rossini. Rossini’s Guillaume Tell helped found the new genre of Grand opera, a form whose most famous exponent was Giacomo Meyerbeer. Lighter opéra comique also enjoyed tremendous success in the hands of Boïeldieu, Auber and others. In this climate, the operas of the French-born composer Hector Berlioz struggled to gain a hearing. Berlioz’s epic masterpiece Les Troyens, the culmination of the Gluckian tradition, was not given a full performance for almost a hundred years after it was written.

"La Nave": Rosa Raisa im Kostüm der Basilola Chicago 1919/Grattacielo

„La Nave“: Rosa Raisa im Kostüm der Basilola Chicago 1919/Grattacielo

In the second half of the 19th century, Jacques Offenbach dominated the new genre of operetta with witty and cynical works such as Orphée aux enfers; Charles Gounod scored a massive success with Faust; and Bizet composed Carmen, probably the most famous French opera of all. At the same time, the influence of Richard Wagner was felt as a challenge to the French tradition. Perhaps the most interesting response to Wagnerian influence was Claude Debussy’s unique operatic masterpiece Pelléas et Mélisande (1902). Other notable 20th century names include Ravel, Poulenc and Messiaen. From the moment music could be recorded the French have presented their operas and singers on role and disk. People claim it’s the largest historical catalogue in this category.
For years this was hardly noticed, in spite of the fact that during the vinyl-episode sometimes very interesting French compilation albums appeared on the market that outside of France hardly got the right attention from the music critics and audiences.

The problem was probably that all attention went to singers like Enrico Caruso, Nelly Melba, Mattia Batistini, Ezio Pinza, etc., no matter what they were singing, but generally in Italian. International singers would sing Carmen, Faust, Romeo et Juliette, Manon etc., but the more idiomatic French singers like Cesar Vezzani and Georges Thill, Emma Calvé, Ninon Vallin, a.o. , were only appreciated outside the French-language area by a small club of connoisseurs and fans of the French repertoire, in spite of the fact that they often were better musicians and stylistic more in control of the French idiom. Labels like Malibran nowadays make a new effort to get the focus on the French singers as well as on the less known operas, which is not an easy task.

We also make an attempt and in case you’re a real voice lover and looking for adventure in operas instead of listening to Carmen No. …, this is the ideal opportunity. Restored with the latest technical possibilities, without losing its authentic sound and characteristics.

 

The Théâtre national de l’Opéra-Comique, also known as Salle Favart is a theater in Paris. The present building at the Rue Favart dates from 1898, two earlier buildings on the same location burned down in 1838 and 1887. The Opéra-Comique was founded in 1714 to offer a French alternative for the in those days dominant Italian opera. At first it mainly presented pantomime and parodies on operas. It later developed the genre opera comique, distinguishing itself from the classical opera by a less formal setting and the alternation between sung and spoken dialogues, that however wasn’t necessarily comical in nature, especially in the 19th century. The concept wasn’t immediately successful, which made the theater close from 1719 till 1720 and from 1722 till 1723. In 1743 Jean Monnet took charge of the Opéra-Comique and he hired the writer Charles-Simon Favart. From 1745 till 1751 the theater was closed again. After the fusion in 1762 with the Comédie-Italienne a new theater was opened at the Rue Favart, on the location of the present building.

During the French Revolution the Opéra-Comique remained open, but the competition of theThéâtre Feydeau was killing. In 1801 the two companies fused into the Théâtre national de l’Opéra-Comique. In the 19th century the theater flourished, mainly because of compositions from Adolphe Adam, Daniel Auber, Georges Bizet, Nicolas Bochsa and Jules Massenet. Bizets famous opera Carmen had its première there (1875), like La damnation de Faust van Hector Berlioz (1846) and Claude Debussy’s Pelléas et Mélisande (1902). In the 1930’s the government had to take steps because of the financial problem of the theater. In 1936 the Opéra-Comique and the Opéra de Paris ) together formed the Réunion des Théâtres lyriques nationaux (RTLN). On November 30th, 1972 the Opéra-Comique ceases to exist. In 1974 the Salle Favart is namedOpéra-Studio and will be serving as acting school. In 1978 the Opéra-Studio closes its doors and the theater will be run by the Théâtre national de l’Opéra. In 1990 the Opéra-Comique restarts its activities as an independent organization. Right after the re-opening of the theater it was mainly used for incidental performances and had a limited agenda. The Opéra-Comique was aiming for both musictheatre and non-musical productions. Musically the emphasis lies with the baroque until contemporary music. In 2000 Jérôme Savary became artistic director of the theater.

His goal was to transform the theater into a theater for “classical amusement”. The repertory became a variety of both the original opéra comique and operettas, musicals and revue. Jérôme Deschamps became Savary’s successor by the end of 2007.

 

operaThe Palais Garnier is an opera building in the French capital Paris, built between 1861 and 1875. It was designed by architect Charles Garnier, as an assignment of Napoleon III. The building was supposed to open in 1871, but dur to the French-German War the opening was delayed until January 5th, 1875. The interior is richly decorated with gold foil, fresco’s and marble. The ceiling was painted in 1964 by Marc Chagall. The style is called neo-baroque, eclectic and extravagant. The building has its fame for a.o. performances like The Ghost of the Opera, a novel by Gaston Leroux. The ghost would have been responsible for numerous conflicts and crimes. Rumours were that a peculiar deformed creature was haunting in the underground corridors of the opera. These days mainly ballet performances are scheduled; the function of the opera has for a great part been taken over by Opéra Bastille. It is the largest opera building in the World, with a surface of over 11.000 m2. The building is 125 meters wide, 173 meters long and 73,6 meter high. The operaroom holds 2131 spectatots and the scene, about 1200 m2, can hold 450 artists. The chandelier in de central hall weighs 6000 kg and was designed by Garnier himself. The luxurious has a grand foyer, a staircase of different kinds of marble, an arch decorated by Isidore Pils and a ceiling painted with a kind of Olympus by Marc Chagall in 1964, honoring 14 ballet and music composers with their respective works.

Unvergessen: Sammler und Live-.Pionier Walter Knoeff/ OBA

Fortunately the French discovered in an early stage how to preserve their singer for eternity. Yet they didn’t get the attention they deserved and couldn’t surpass singers like Caruso, Melba, Ponselle, Martinelli, etc.. The same was the case with composers like Verdi, Wagner, Puccini and others. The only French opera holding a first place was Carmen of Georges Bizet. There’s still a lot to discover in the French repertoire as well as with the interpreters. The second L’âge d’Or collections are a treasure for voice collectors and fans who like to hear something different than the standard repertoire. (3 CD; RO-1024: L’âge d’Or de L’Opera Comique; 3 CD; RO-1025: L’âge d’Or de L’Opera). Opera-club.net

 

Und dann noch: Around 1970 RCA-Italy released a 14-pieces album series named “L’Epoca d’Oro del Melodramma” It became known in the USA around 1900 that sound recordings could be made and saved, and RCA immediately took the initiative to contract famous opera singers, especially known in North-America, to make sure their voices would be conserved for eternity – an initiative for which we will be eternally grateful. Recordings of a.o. Enrico Caruso, Nelly Melba and John McCormack became hits. Many collectors didn’t rest until they had a complete collection of these singers. Fanclubs of listeners were founded and a vivid trade and exchange of vinyl albums started. The release of the albums caused a lot of anxiety among the vinyl-fans. Press and audience attacked RCA because the opinion was that they were tampering with the recording.

However, one forgot that RCA owned the original recordings and could use the vinyl to avoid noise and all disturbances. Not just RCA, but also HMV and other small companies were criticized, and not always unrightfully so. There was a lot of experimenting to record the sound as authentic as possible on the vinyl, inclusive the dropping of the needle and all damages. Microphones were hung before the pathephone horns to catch the sound, and eventually RCA, among a few others, became the winner. Over the last years few historical recording have been released on CD, and it’s really the French label Malibran and the American Marston Records that are still releasing historical material. “L’Epoca d’Oro del Melodramma” has never been released on CD, which gave us the opportunity to present to you, thanks to the latest restoration equipment, the best recording for now. You will be surprised about the results. RO-1027: L’Epoca d’Oro del Melodramma This is the famous 14-piece record series of RCA that peculiarly never has been released on CD. It focuses on singers that were popular in America and had the status of pop stars, especially in the early 20th century. Many of these recordings have been released on well-known, but also obscure labels, which didn’t do the sound quality any good – another reason to add this series to your collection.W. K.

 

 

Bel Ami trifft auf Hans Sachs

Hermann Prey war Berliner. Beim Label Capriccio (C7202) erinnert er sich musikalisch an seine Heimatstadt – an den Frühling in Berlin, die Berliner Luft, die Linden, die Kleine Bank am Großen Stern, an die Spree, die immer noch durch Berlin fließt. Das war in Schöneberg – und nicht in Hohenschönhausen, wo der Sänger 1929 in der Oberseestraße zur Welt gekommen ist. Der Ortsteil, noch immer als „Platte“ verschrien, weil dort so viele DDR-Neubauten auf einem Haufen stehen, gehörte damals schon zu Groß-Berlin. Plattenbauten gab es noch nicht. Wo Prey aufwuchs, war und ist es noch heute schön grün, der Obersee gleich um die Ecke. Er dürfte diese Bilder immer vor Augen gehabt haben. Sonst würde nicht plötzlich ein Lied in dieser mit Große Berlin-Revue betitelten CD auftauchen, das da thematisch nicht hingehört. Es lächelt der See, komponiert von Friedrich Curschmann (1805 bis 1841) auf die einleitenden Verse zu Schillers Wilhelm Tell: Es lächelt der See, er ladet zum Bade, / Der Knabe schlief ein am grünen Gestade, / Da hört er ein Klingen, / Wie Flöten so süß, / Wie Stimmen der Engel / Im Paradies. / Und wie er erwachet in seliger Lust, / Da spülen die Wasser ihm um die Brust, / Und es ruft aus den Tiefen: / Lieb Knabe, bist mein! / Ich locke den Schläfer, / Ich zieh ihn herein.

Nur noch antiquarisch erhältlich: Hermann Preys "Premierenfieber" bei Kindler

Nur noch antiquarisch erhältlich: Hermann Preys „Premierenfieber“ bei Kindler, später bei dtv

In seiner Autobiographie Premierenfieber (1981 zuerst bei Kindler/ ISBN 978-3463008219 erschienen, dann bei dtv), findet sich die Kindheit genau beschrieben. Obwohl Prey von 1962 bis zu seinem Tod 1998 in Krailling, einem Vorort von München, lebte und auch dort begraben ist, hatte er immer einen Draht nach Berlin. Noch 1997 war er in die nun wieder vereinte Stadt gekommen, um bei einem Benefizkonzert in der Staatsoper für ein Kinderheim in Hohenschönhausen zu singen. Er wirkte hinter der Bühne angeschlagen. Aber als er auf das Podium trat, war er immer noch der Charmeur, der stimmlich nicht zu altern schien. Eine Verwandlung, an die ich mich sehr genau und sehr gern erinnere. Sie sagt viel aus über Künstlertum im Allgemeinen und Prey im Besonderen. Auf dem Programm stand Schuberts Schöne Müllerin. Den Liederzyklus beherrschte er auch im Schlaf.

Jene CD mit den alten Berliner Liedern aber, die 1988 im fernen Köln beim WDR eingespielt wurden, kommt viel zu spät. Solche Programme waren spätestens mit Marlene Dietrich, die sich noch im Alter gern an Berlin erinnerte, durch. Unter Preys musikalischen Zuckerguss entpuppt sich die Ware als altbacken. Er verfällt seiner eigenen Sentimentalität, kann keine ironische Distanz schaffen. Die aber wäre dringend nötig, um solche Lieder in die Gegenwart zu holen. Mit den Titeln auf der nächsten CD dieser Edition kann ich mich in der Interpretation von Prey auch nicht anfreunden, zumal Paul Kuhn mit seinem Ensemble den altmodischen Eindruck noch verstärkt. Das Telefon, das nachts ging, nehme ich Prey nicht ab. Den Bel Ami auch nicht, und warum bitte Müsste man Klavier spielen können? Dann doch lieber die Originale mit der Leander, Willi Forst oder Johannes Heesters.

Die drei verbleibenden CDs sind Hermann Prey pur, auch wenn sie weder Überraschungen noch Neuigkeiten oder Entdeckungen zu bieten haben. Endlich ist er in seinem Element. Die Ausschnitte aus der Capriccio-Gesamtaufnahme von Nesslers Trompeter von Säckingen mit dem Kölner Rundfunkchor und dem WDR-Rundfunkorchester unter Helmuth Froschauer von 1994 kommen zwar – was Preys Werner Kirchhofer anbelangt – mit dem frühen Electrola-Querschnitt aus dem Jahr 1958 nicht mit. Sie offenbaren aber genau das, was ich bei der Müllerin 1997 in Berlin wahrgenommen habe – die Fähigkeit des Sängers, seinen Bariton jungendlich und geschmeidig zu halten.

1-Lp Hermann Prey und Kurt Wöss

Deutsches Repertoire – von Hermann Prey und Kurt Wöss in Bratislava auf Platte gebannt und beim dortigen Label Opus zuerst erschienen

 

Noch heute sehe die die Langspielplatte German Romantic Opera vor mir, die 1983 in Bratislava produziert wurde. Der österreichische Dirigent Kurt Wöss war dazu ins Nachbarland gereist und hatte Prey mitgenommen. Es wirkten der Chor und die Philharmonie von Bratislava mit. Das Programm war deutsch, urdeutsch: Conradin Kreutzer, Albert Lortzig, Richard Wagner. Mit dem Fliedermonolog aus den Meistersingern von Nürnberg versuchte Prey wenigstens mit dieser einen Szene im Studio Sachs gegen den üblichen Beckmesser zu tauschen, was bei dieser Szene sogar ganz gut gelingt. Betörend schön in ihrer großen Ruhe und liedhaften Innigkeit finde ich nach wie vor die drei Szenen des Wolfram aus dem Tannhäuser.

Schließlich darf auch der Liedinterpret nicht fehlen. Prey hat dieses Genre sein Leben lang mit großem Erfolg bedient und sogar eine eigene umfängliche Edition herausgebracht, die vom Minnegesang bis zur Moderne reichte. Sie hätte eine Neuauflage eins zu eins verdient. Capriccio hat Lieder von Ludwig van Beethoven, darunter die Ferne Geliebte, Johannes Brahms und Carl Loewe entschieden. Von Loewe brachte Prey im Laufe seiner Karriere gleich mehrere Platten bzw. CDs heraus. Er hat neben Dietrich Fischer-Dieskau einen wichtigen Beitrag geleistet, um einen neues Zugang zu diesem Komponisten zu finden. Erlkönig, Der Fischer, Der Totentanz und Der Zauberlehrling einer Capriccio-CD entlehnt, die ausschließlich Lieder und Balladen nach Texten von Goethe enthielt. Goethe war einer der bevorzugten Dichter von Loewe.        Rüdiger Winter

Leider nur akustisch

 

Eine Herzensangelegenheit muss dem Festival della Valle d’Itria die Aufführung von Leonardo Leos Oper L’Ambizione delusa gewesen sein, denn es sprechen gleich zwei Gründe dafür: Einmal ist der Komponist ein Sohn des Landes, stammt aus Apulien, und zum anderen hat sich die Institution seit ihrem Bestehen um vergessene Werke verdient gemacht. 2013 wurde die Buffa in Martina Franca im Hof des dortigen Palazzo Ducale mit großem Erfolg aufgeführt und kann jetzt auf drei CDs wenigstens gehört werden, was für den nicht italienischen Hörer nicht ohne Probleme sein dürfte, denn da die Oper ausschließlich in den niederen Schichten des Volkes spielt, wird alles andere als feines Toskanisch gesungen, ja, das Thema ist gerade das Bemühen eines plötzlich durch eine Erbschaft reich gewordenen Geschwisterpaares, sich Sprache und Sitten der Oberschicht anzueignen, was, wie der Titel Der enttäuschte Ehrgeiz zeigt, gründlich misslingt. Das süditalienische Bürgertum erfreute sich um die Entstehungszeit, die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts, an den plumpen Versuchen der unteren Schichten, allein durch ein wie auch immer erworbenes Vermögen gesellschaftlich aufzusteigen. Revolutionäre Tendenzen der Verlachten waren damals noch nicht zu befürchten, Figaro stand noch nicht vor den Toren. Immerhin sind die Domestiken nicht mehr in die Nebenrollen verbannt, sondern bestreiten die gesamte Handlung. Der Komponist scheint dem Librettisten schon insofern voraus zu sein, als er seinem Personal eine Musik zubilligt, teilweise sogar in Moll-Tonarten, die durchaus einer in höheren Kreisen angesiedelten Semi Seria würdig wäre.

Das Geschwisterpaar Lupino und Cintia hat einen reichen Onkel beerbt und will nun bei der in vornehmen Kreisen gedient habenden Delfina lernen, wie man sich dort benimmt. Dem neureichen jungen Mädchen ist der Schäfer

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Silvio nicht mehr als Bräutigam gut genug, dieser will sich rächen und gibt vor, für einen reichen Ersatzverlobten sorgen zu wollen, einen Barone Ciaccone, der aber in Wahrheit ein armer Ziegenhirt ist. Silvios Schwester Laurina wird, auch mit Hilfe eines Foresto, Freund Silvios, als Schwester des Barons ausgegeben, so dass beider neureicher Geschwister Träume sich zu verwirklichen scheinen. Als aus dem Statussymbol Privatzoo ein Panther ausbricht und bei anderen Gelegenheiten wie einer Brandstiftung, zeigt sich, wer sich wirklich nobel verhält. Am Schluss gibt es drei glückliche Paare: Ciaccone und Delfina, Cintia und Silvio sowie Foresto und Laurina. Lupino geht leer aus, und hat es nicht besser verdient.

Sicherlich hätte gerade der nicht italienische Opernfreund mehr Freude an einer Videoaufzeichnung gehabt, aber auch so ist die Musik reizvoll genug, um dem Hörer Interesse abzunötigen. Zudem spielt das Orchestra Ico della Magna Grecia Taranto unter Antonio Greco äußerst straff und beschwingt und lässt keine Langeweile aufkommen. Zwei der Männerrollen sind mit Mezzosopranen besetzt. Den wackeren und trotz niedriger Herkunft noblen Silvio singt Federica Carnevale mit einer Stimme klarer Konturen, schöner Fülle und auch gut angebundener Tiefe. Candida Guida ist Foresto mit schärferem Mezzo, holprig in den Koloraturen, aber mit bemerkenswertem tiefem Register nicht ohne Meriten, besonders in den eher getragenen Passagen ihrer Partie. Das Geschwisterpaar Lupino und Cintia wird von Riccardo Gagliardi mit wendigem Charaktertenor der nicht immer sicheren Intonation und mit Problemen in den Presti-Teilen und von Michela Antenucci mit einer hübschen Träne im Timbre, mit Leichtigkeit für die Verzierungen der Partie und mit sicheren Höhen gesungen. Die schönste Stimme hat Alessia Martino für die Laurina mit dunkel getöntem, weich und geschmeidig klingendem Sopran. Sie hat auch die schönste Arie mit „Mie belle lacrime“, die etwas an die der Barbarina aus Mozarts Figaro erinnert. Eine spritzig-spitzige Soubrettenstimme besitzt Filomena Diodati für die Delfina, während Giampiero Cicino mit etwas hohlem Bariton den barone finto Ciaccone singt. Das Libretto kann man sich übrigens in Italienisch und Englisch von der Internet-Seite des Labels Dynamic herunterladen, aber eine Blu-ray wäre trotzdem schöner

gewesen (CDS 7677/1-3). Ingrid Wanja

Immer schön lächeln

Nicolai Gedda – My favourite operetta heroes: Das wären der Sándor Barinkay im Zigeunerbaron von Johann Strauß sowie René, der Graf von Luxemburg, Prinz Sou-Cong im Land des Lächelns, Nicolo Paganini und der Zarewitsch von Franz Lehár? Was Warner Classics auf dem Titel einer neuen Box (825646127030) mit diesen fünf Operetten dem Sänger in den Mund legt, wird durch keine Quellenangabe belegt. Es steht einfach nur so da. Hat er es nun gesagt? Mein Gefühl und meine eigenen Recherchen sprechen dagegen. Gedda, der am 11. Juli Neunzig wird, dürfte milde lächelnd darüber hinweg sehen. Seine Sache sind solche marktschreierischen Verabsolutierungen nicht. Er wird auch seinen Frieden damit gemacht haben, dass er noch im hohen Alter von einem Label vermarktet wird, was es zu seiner Zeit so nicht gab. Er hat alle seine Operetten bei der EMI aufgenommen. Im Kleingedruckten auf der Rückseite der Box wird das auch mit dem schlichten Hinweis auf das ehemalige Electrola-Label erwähnt. In diesem Zusammenhang ist nun plötzlich ganz allgemein von den schönsten Operettenpartien Geddas die Rede. Darüber darf gestritten werden. Gedda hat im Laufe seiner langen Karriere Operetten am Meter aufgenommen. Die lustige Witwe gleich dreimal. Auf der Bühne ist er in diesem Fach eher selten in Erscheinung getreten. Aus der Metropolitan Opera hat sich ein englisch gesungener Zigeunerbaron von 1959 mit Lisa Della Casa als Saffi erhalten, der etwas gestelzt klingt.

Es begann damit, dass es sich der allmächtige EMI-Produzent Walter Legge Anfang der 1950er Jahre in den Kopf gesetzt hatte, mustergültige Aufnahmen von Operetten vorzulegen. Mit dem noch nicht dreißigjährigen Gedda hatte Legge dafür einen idealen Partner für Elisabeth Schwarzkopf, die er 1953 geheiratet hatte, gefunden. Sie war genau zehn Jahre älter und nach eigenem Bekunden sofort genau so hingerissen von Geddas Stimme wie Legge. Jugend traf auf Erfahrung und Ruhm. Das passte. Denn die Schwarzkopf hatte zu dieser Zeit schon einen Namen, während Gedda seine ersten Erfahrungen auf der Opernbühne vornehmlich in Stockholm gesammelt hatte, wo er eine lokale Erscheinung gewesen ist. Mir fällt eine Anekdote ein. Legge soll Gedda zufällig im Radio gehört haben. Er griff zum Telefon, um seine Frau zu bitten, ebenfalls das Apparat einzuschalten. Die verbat sich die Störung mit dem Hinweis daraus, dass sie gerade eine wunderbare Stimme im Radio höre – Gedda! Ein Resümee dieser fruchtbaren Zusammenarbeit zog der Sänger 1988 in einem Interview mit der Zeitschrift Opernwelt: Alle meine Aufnahmen bei der EMI halte ich für wertvoll. Weil sie meist von Walter Legge produziert worden sind. Er wird in die Schallplattengeschichte als einer der größten Produzenten eingehen. Wenn ich zum Beispiel an die Operetten denke, die ich mit ihm aufgenommen habe, sie waren schon eine Klasse für sich. Selbst jetzt kann man sie noch anhören und Freude an ihnen finden.

Legge hat Gedda entdeckt und gefördert, wofür dieser im Gegensatz zu anderen immer dankbar gewesen ist. Das nimmt mich auch für Gedda ein. 1953 wurden in der Londoner Kingsway Hall unter Otto Ackermann zunächst Das Land des Lächelns und Die lustige Witwe eingespielt, im Jahr darauf mit dem selben Dirigenten Wiener Blut, Der Zigeunerbaron und Eine Nacht in Venedig. Das rasante Finale dieser frühen Operetten-Serie bildete Die Fledermaus mit Herbert von Karajan am Pult. Die Fassungen folgen meistens nicht dem Original. Aufgenommen wurde in Mono. Das schreckt heutzutage Hörer oft ab. Mich nicht, denn ich habe nicht die Wahl. In diesen Aufnahmen triumphiert die Kunst über die Technik. In Wien hatte Clemens Krauss schon 1950 mit Fledermaus und Zigeunerbaron einen Operetten-Neuanfang nach dem Krieg für die Decca versucht, der allerdings wesentlich konservativer ausgefallen ist als das, was Legge mit Ackermann, Karajan und seinen Solisten glückte. Die verlassen ausgefahrene Gleise. Sie geben der Operette jene Sinnlichkeit zurück, die der Gattung eigen ist. Erstarrungen lösen sich. Es knistert wieder. Und das alles im Studio.

1-CD Paganini Gedda

Eine Perücke macht noch keinen Paganini: Die CD-Hüllen in der Box sind den originalen Plattencovern nachempfunden

Die fünf Electrola-Produktionen (i. e. also die späteren, nach der EMI London-Phase, in Köln und München aufgenommen), die sich nun in der Warner-Box finden, kommen da nicht mit. Sie sind letztlich Massenware für ein sehr breites Publikum, das immer schon gern Operette gehört hat. Nach meinem Eindruck fallen sie in alte Muster zurück. Ungewollt sagen die originalen Cover, denen die Hüllen für die einzelnen CDs im Innern der Box nachempfunden sind, darüber sehr viel aus. Zarewitsch als Tscherkesse verkleidet, Paganini mit wüster Zottelperücke… Kostüme machen noch keine perfekte Aufnahme. Alle Wirkung einer Studioproduktion sollten von der Musik ausgehen, nicht von Bildern und fragwürdigen Kostümen. Alle Titel sind weit verbreitet, nach dem Ende der Schallplatte gleich auf CD übernommen worden. Ihr Vorzug ist der bessere Klang, das breite Stereo, das der Zeit, in der sie eingespielt wurden, nämlich zwischen 1967 und 1977, akustischen Ausdruck verlieh. Dialoge gleichen Hörspielen. Mindestens zwei Lautsprecher schaffen im Wohnzimmer Theateratmosphäre. Es macht Spaß, die Lautstärkeregler mal so richtig aufzudrehen. Die Stimmung ist aber derber, direkter geworden. Duft, Raffinesse und Sinnlichkeit sind verflogen.

Nun werden die Werke wieder mehr beim Wort genommen. Gute Laune macht sich breit. Immer schön lächlen! Ha, ha, ha, ha, lacht auch der Chor. Dabei wird unter Willy Mattes (Zarewitsch, Graf von Luxemburg, Land des Lächelns), Franz Allers (Zigeunerbaron) und Willi Boskovsky (Paganini) sehr gut musiziert. Geddas Partnerinnen sind allesamt erste Wahl in ihrer Zeit: Anneliese Rothenberger (Lisa und Fürstin Anna Elisa), Rita Streich (Olga und Arsena), Grace Bumbry (Saffi). Lucia Popp, die jüngste von allen, entzückt als Angèle Didier. Kurt Böhme spart als Zsupán nicht am Schweinespeck. Es gibt rasante Ensembles, dann aber wieder scheinen Szenen und Arien in Einzelteile zu zerfallen. Und Gedda selbst, dem diese Box zum Geburtstag geschenkt wird? Stimmlich ist er perfekter als am Anfang, im Ausdruck hat er aber die Unschuld verloren. Noch immer ist dieses Timbre unverwechselbar, unverwechselbar schön. Aber er singt alles gleich, als seien die unzähligen Partien, die er seither in mehreren Sprachen gesungen hat, zu einer einzigen verschmolzen. Rüdiger Winter

Musikalische Stolpersteine

 

Zur Ausgabe bei The Intense Media: Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ging von Deutschland ein in der europäi­schen Kulturgeschichte einmaliger, grauenhafter Versuch der Vernichtung künstlerischer und moralischer Werte in bis dahin unvorstellbarem Maße aus. Literatur, Wissenschaft, bildende Kunst und Musik in all ihren Ausprägungen fielen dem Rassenwahn vom einzig wertvollen „Ariertum“ zum Opfer. „Schmutz und Schund“ nannte Propagandaminister Goebbels die nun verbotenen Werke, deren Urheber künftig nicht einmal mehr genannt werden durften. Viele Namen sind deshalb der jüngeren Generation fremd oder werden nicht in Verbindung mit nationalsozialistischer Verfolgung gebracht. Bereits 1928 hatte sich ein „Kampfbund für deutsche Kultur“ gegründet, und auch für die Nationalkonservativen war nach dem verlorenen 1. Weltkrieg deutsche Musik eine ihrer letzten Bas­tionen. In ihrem Kampf gegen alles „Undeutsche“ sahen sie schon im Wort „Jazz“ eine Provokation. Die Grundlage für massenhafte Verbote und Verfol­gung bildete aber erst das am 7. April 1933 erlasse­ne Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeam­tentums. Es schloss Nicht-Arier, Kommunisten und andere, „denen eine Unterstützung des nationalen Staates ohne Vorbehalte nicht zugetraut werden kann“, von der Stellenvergabe aus. Es ordnete an, alle, „die nicht arischer Abstammung sind, in den Ruhestand zu versetzen“. Die im November 1933 gegründete Reichskultur­kammer mit ihren Einzelkammern für Literatur, Radio, Theater, Musik und Film hatte die Einhaltung der neuen Gesetze zu überwachen. Die Mitglied­schaft war Pflicht für alle Berufsgruppen. Der Ausschluss oder die Verweigerung der Aufnahme kamen einem Berufsverbot gleich.

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Auf den hier zusammengestellten 10 CDs machen die kurzen biographischen Angaben zu den Betei­ligten deutlich, welche oft unfassbaren Folgen die rigorose Anwendung dieser Gesetze hatte. Die schillernd aufblühenden kulturellen Entwick­lungen der rückblickend so spannend erscheinen­den „goldenen zwanziger Jahre“ wurden abrupt gestoppt und vielfach zerstört. Für Verleumdung und Denunziation öffneten sich Tür und Tor. Dabei halfen Buchveröffentlichungen wie das „Handbuch der Judenfrage“ von Theodor Fritsch (Hammer-Verlag, Leipzig 1935) und das „Lexikon der Juden in der Musik“, bearbeitet von Dr. Theo Stengel in Verbindung mit Herbert Gerigk, dem Leiter der Hauptstelle Musik beim Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP. In diesen Büchern finden sich u.a. die Namen Goldmark, Halévy, Korngold, Mahler, Mendelssohn Bartholdy, Meyerbeer, Saint-Saents, Schön­berg, Weill, Weinberger und Zemlinsky ebenso wie Abraham, Eysler, Fall, Hollaender, Kaiman, Nelson, Offenbach, Spoliansky und Straus. Von Stolz und Benatzky heißt es „…sind wohl Arier, unterscheiden sich aber in nichts, was die Qualität ihrer Produkte angeht, von den genannten Juden“. Und an anderer Stelle: „Lehár und der jüdisch versippte Künneke beziehen ihre Texte fast ausschließlich aus jüdischen Händen“. Im Novem­ber 1934 schrieb das Reichskultusministerium an die NS-Kulturgemeinde in Halle: „Die von Lehár vertonten Texte entbehren, von Juden geliefert, jeglichen deutschen Empfindens“.

 

Verboten: Irene Isinger (hier mit Michael Bohnen" in "Der Fürst der Berge" 1932/youtube

Verboten: Irene Isinger (hier mit Michael Bohnen) in „Der Fürst der Berge“ 1932/youtube

Die einzelnen Titeln dieser CD-Kollektion angefügten Ergänzungen lassen erkennen, in welchem kaum glaublichen Ausmaß gerade die Gruppe der Textdichter der Verfolgung ausgesetzt war. Kaum weniger erschreckend ist die Namensliste jener Dirigenten, Sänger und Instrumentalisten, die vor dem Nazi-Regime fliehen mussten und mehr noch jener, die als Juden, Homosexuelle oder als Gegner des Nationalsozialismus in Konzentrations­lagern gequält und umgebracht wurden. Noch in der letzten Ausgabe des „Lexikon der Juden in der Musik“ war zu lesen: „Die Namen der ,Größen‘ aus der Zeit vom Weltkriegsende bis zur Neuordnung des Reiches sind versunken. Sie sind sogar so gründlich vergessen, dass beim zufälligen Wiederauftauchen eines solchen Namens man­cher sich kaum entsinnen wird, dass es sich um einen berüchtigten, früher viel genannten Juden handelt“. Der Untergang des „Dritten Reiches“ hat verhindert, dass sich diese Voraussage jemals erfüllen können (TIM).

 

Verboten: Der Tenor Max Ehrlich/youtube

Verboten: Der Tenor Max Ehrlich/youtube

Die bei The Intense Media nun vorliegende 10-CD-Box mit originalen „entarteten“ Musikbeispielen vor und noch aus der Nazi-Zeit gliedert sich sehr übersichtlich in einzelne Sparten, was das Hören erleichtert, was in den einzelnen Bezeichnungen der Rubriken auch mal Stirnrunzeln hervorruft, weil man da die Anführungsstriche auch vermisst. So ist die erste CD mit Kulturbolschewismus eben ohne solche tituliert, gefolgt von Kabarett/Chanson, Lockere Sitten, Die große Freiheit, Schlager und Film, (viel) Operette, Oper, Konzert. „Kulturbolschewismus“ (was ja doch wohl ein Fascho-Zitat ist, hoffe ich) beinhaltet Bekannte wie Brecht/Weill mit den alten Aufnahmen aus der Dreigroschenoper (Hans Sommer, Kurt Gerron, Lenya, Neher) aber auch das „Stempellied“ mit Ernst Busch. Jeder einzelnen Nummer ist eine mehrzeilige boigraphische Kurz-Einleitung mit Aufnahme-Datum etc. vorangestellt, die Auskunft gibt, warum dieser jeweilige Künstler, Begleiter oder Komponist in dieser Sammlung enthalten ist – auch dies eine wirklich gute editorische Tat. Meine Favoriten wie Kate Kühl, Curt Bois und natürlich die wunderbare Trude Hesterberg finden sich in der „riskanten Abteilung“ der Großen Freiheit, wo sich auch Gitta Alpar rumtreibt und Max Ehrlich die „Mädis vom Chantant“ 1930 besingt. Namen über Namen, Perlen wie an einer Kette, vieles bekannt und manches überraschend (und eben nicht das offensichtliche nur wie Marlene D.), so wie Paul O´Montis „Ich bin verrückt nach Hilde“ von 1929. Gott, was waren das für tolle Texte – dieser Witz, dieses Zwinkern, diese frivolen Respektlosigkeiten. Ganz seltenes wie Paul Graetz/“Das ist der Herzschlag, der zusammenhält“ von 1920 steht da neben Waldorffs „Raus mit den Männern aus dem Reichstag“, mehr von Ebinger und Busch, Massary natürlich, Dolly Haas. Mein Favorit ist Lucie Mannheim mit dem Lied vom Nazisoldaten“ (mit Mischa Spoliansky 1944 in London aufgenommen, was eigentlich eine eigene Ausgabe der Exillieder verdient hätte und worunter dann auch mehr von Weill gefallen wäre).

Verboten: Grete Mosheim/Foto Alexander Binder/Wiki

Verboten: Grete Mosheim/Foto Alexander Binder/Wiki

Und genau da sind wir bei den organisatorisch/nomenklatorischen Problemen, weil sich verbotene Künstler mit „genehmem“ oder umgekehrt viele „genehmeKünstler mit verbotenem Material mischen. Unter der Rubrik Oper findet man natürlich Halévy und Meyerbeer mit deutschen Barden (die nicht verboten waren und dazu natürlich in Aufnahmen vor der Machtergreifung). Da wäre mir die Einteilung in „entartete“  Komponisten als solche und  vebotene/verfolgte/vertriebene/ermordete Künstler als solche lieber gewesen, so geht´s ein wenig durcheinander. Und es finden sich eben auch akut Systemstützende wie Rühmann, Harvey und Fritsch mit Liedern von Komponisten (wie hier Heymann/“Die drei von der Tankstelle“), die später vertrieben wurden. Das ist verwirrend und für mich anfechtbar. In manchen Fällen muss man zweimal lesen, warum das einzelne mit eingeschlossen wurde: Heinrich Schluss, bei Gott kein Widerstandskämpfer, singt Schuberts „An die Musik“ von 1928, aber der Clou ist eben Franz Rupp am Klavier, der 1938 nach Amerika emigrieren musste. Immerhin gibt´s Mahler, Hindemith, Kreisler. Aber um Serkin und Busch miteinzuschließen nur den 2. Satz aus Schumanns Klaviersonate op. 105 zu bringen, scheint mir allerdings sehr bemüht und „abgestrickt“.

Verboren: Der Pianist Franz Rupp ging als Professor ans amerikanische Curtis Institure, hier mit Marian Anderson/bach-cantatas.com

Verboten: Der Pianist Franz Rupp ging als Professor ans amerikanische Curtis Institure, hier mit Marian Anderson/bach-cantatas.com

Dennoch, diese 10 CDs sind ein deprimierendes Kompendium an Namen und Persönlichkeiten, die im 3. Reich nicht gelitten waren, umgebracht  wurden oder doch noch gerade entkommen konnten. Weigert und Busch, Elisabeth Schumann und Lotte Lehmann, Tauber und Spoliansky, Strawinsky und Schulhoff, Schönberg und Mahler, Delia oder Max Reinhardt, Kipnis und Schorr, Jansen und Scheidl, Armbrust und Mira, Dietrich (aber auch mit „Allein in einer großen Stadt“ von 1932) und Ebinger – eine Legion, deren Vernichtung (eben auch im öffentlichen Nachkriegsbewusstsein) ein akutes Ausbluten des deutschen Geistes- und Kunstlebens bedeutet. Bis heute kann man sagen, weil namentlich in der Klassischen Musik dieses Auslöschung zum akuten Bruch des Publikums mit seinem zeitgenösssischen Musikleben geführt hat. Entwicklungen wie die Darmstädter Schule, die Neuntöner etc. wären bei einer Kontinuität nicht so passiert, wie man ja in den USA sieht, wo zeitgenössische Kompositionen von Argenta oder Glass die Säle füllen und eben nicht das Publikum verschrecken/ spalten. Weills Kompositionen aus Frankreich und Amerika sind bei uns immer noch so gut wie unbekannt. Die Amputation am deutschen Kunstleben ist ebenso brutal gewesen wie folgenschwer. Deshalb ist dieses 10-CD-Kompendium um so empfehlenswerter, weil es uns kursorisch an unsere reiche musikalische Vergangenheit erinnert und uns – gut aufgefächert –  „hörbar“ nahebringt. Die vielen „Stolpersteine“ auf dem Cover erschrecken zu Recht (10 CD, The Intense Media 600252; Foto oben The Intense Media/Ausschnitt/Günter Demnig)! Stefan Lauter

Genua liegt in Litauen

 

Er liebe vor allem die Konzilszene, in der Simone den dramatischen Höhepunkt der Oper dominiere, schreibt Dmitri Hvorostovsky in der englischsprachigen Einführung (dazu ital./ engl. Libretto) eines neuen Simon Boccanegra bei Delos (DE 3457). Welcher Bariton tut das nicht? Doch gerade in diesem zentralen Moment im zweiten Akt, „Plebe!, Patrizi! Popolo!“, zeigt sich, dass Hvorostovskys edler Bariton nicht ganz über die machtvolle Fülle und deklamatorische Kraft verfügt, die der Doge von Genua hier benötigt, um den gespaltenen Adel, die Kaufleute und das Volk zu einen. Ansonsten ist sein Simone das Ereignis einer sorgfältig und bewusst geführten, nun schon gut zwei Jahrzehnte währenden Karriere, einer klugen Beschränkung auf eine Handvoll Partien, wodurch sein kernig nobler, dabei samtweicher Bariton und die erlesene Atemkontrolle nichts von ihrem kostbaren Firnis eingebüsst haben. Hvorostovskys Simone, den er erstmals 2011 an der Metropolitan Opera gesungen hatte, ist ein vorsichtig abgetöntes Porträt, ist immer sensibel gestaltet, nie auftrumpfend, bereits im Vorspiel eher in die leisen Töne verliebt, dabei mit bewundernswerten Tonbögen („Figlia! A tal nome io palpito“) und unaufdringlichen Klanggesten im dritten Akt. Seine Partnerin aus New York, Barbara Frittoli, ist auch bei dieser im August 2013 im litauischen Kaunas entstandenen Aufnahme dabei. Frittolis strammer Sopran hat nicht die satte Rundheit, die in „Come in quest’ora bruna“ schön wäre, doch sie ist eine kluge und bewusste Gestalterin, hat sich über die Jahre ein Fach erobert, das man ihr nicht zugetraut hätte, die Stimme ist voller geworden, in der Höhe etwas scharf und ein wenig unruhig, doch sie versucht sich an den Trillern, ist im Terzett am Ende des zweiten Aktes berührend, phrasiert elegant und singt durchgehend mit passione. Ildar Abdrazakovs Fiesco ist kein wirklicher basso profondo, aber er singt mit festem, sicherem und stetem Ton, seine Rezitative besitzen Gewicht, und sein Fiesco ist durch und durch ein Genueser Edelmann, Stefano Seccos Gabriele Adorno wirkt ein bisschen wie der kleine Bruder der Amelia, was an Frittolis reifer Erfahrung wie Seccos hellem und gewöhnlichem Tenor  liegen mag. Die litauischen Kräften sind ausgezeichnet und man fragt sich, ob Kostas Smoriginas‚ erzen dunkler, musikalisch ausdruckstarker Schurken-Bariton (Pietro) sich nicht besser für den Paolo geeignet hätte als Marco Carias zwar schöner, doch etwas leichtgewichtiger Bariton. Constantine Orbelian dirigiert die Aufnahme wie eine gute Theateraufführung, was auch an den ausgetüftelten szenischen Effekten liegt, etwa wenn Simon im Prolog in den Palast Fiescos geht oder Gabriele seiner Geliebten hinter der Bühne die ersten Liebesworte zuruft sowie in zahlreichen Chorpassagen. Das Kaunas City Symphony Orchestra und der Kaunas State Choir warten mit überraschend zupackenden Leistungen auf. Orbelian leuchtet die instrumentalen Details gut aus, entflammt die richtigen Farbe und Atmosphäre, lässt seine Musiker in den tableaux großformatig agieren und begleitet die Sänger sicher, im Konzil vermeidet er ebenso Pathos wie in der Begegnung Amelia mit dem Dogen Sentimentalität, es fehlt ein wenig der bezwingende Bogen, um diese Aufnahme zu einer der großen Simon Boccanegra– Interpretationen werden zu lassen.  Rolf Fath

 

Chaplin, der Komponist

Modern Times  ist vielleicht Chaplins bester Film, trotz Großer Diktator und Goldrausch. Der Historiker Philipp Blom geht in seinem neuen Buch über die dreißiger Jahre sogar soweit, ihn als das filmische Dokument der Ära schlechthin zu bezeichnen, das die Ängste und Sorgen, aber auch den überkandidelten Sinn für Humor der Zeit am markantesten einfängt, anachronistischerweise mit Stummfilm-Mitteln. Das war damals eine Provokation, denn Stummfilme wurden schon seit 5 Jahren nicht mehr produziert, der Tonfilm hatte sich 1936 längst durchgesetzt. Aber gerade das verführte den Komponisten Chaplin dazu, noch einmal einen Stummfilm zu drehen und die Tonspur komplett für Orchestermusik zu benutzen, übrigens einem Orchester, das etwa der opulenten Besetzung einer Strauss-Oper entspricht – mit über 70 Musikern.

"Modern Times"/Charlie Chaplin 1936/Wiki

„Modern Times“/Charlie Chaplin 1936/Wiki

Der Film spielt wenige Jahre in der Zukunft, etwa 1940. Inzwischen ist die Industrie vollautomatisiert, die wenigen, die  Arbeit haben, müssen sich an irrwitzig schnell laufenden Fließbändern abquälen. Der einfache Fabrikarbeiter Charlie hat einen Nervenzusammenbruch am Band. Nach Irrenhaus und Gefängnis schlägt er sich mit seiner Freundin, einer arbeitslosen Vollwaisen, durch das dystopische düstere Amerika der Zukunft und erlebt dabei sehr komische und auch sehr traurige Abenteuer. Schon der Beginn des Films ist genial komponiert – nach extrem herben tragischen Eröffnungstakten, die in ihrer Qualität auch von Gershwin sein könnten, hören wir eine irrwitzige rasselnde Maschinenwelt, Viele Zeitgenossen erkannten in dieser Musik den Sound ihrer hektischen Zeit wieder.

Der Komponist Chaplin hat hier so sorgfältig gearbeitet wie nie wieder in seinem Leben. Durch die vielen markanten tänzerischen Elemente wirkt die Komposition wie eine große Ballettmusik. Natürlich ist die Musik vom Film  dazu nicht ganz ablösbar, aber ähnlich wie bei Tschaikowskys Nussknacker kann sie über weite Strecken ein Eigenleben führen. Allein die melodischen Einfälle rechtfertigen eine rein akustische Reproduktion. Charlie Chaplin gehörte zu den Multitalenten des Kinos, er schrieb seine Drehbücher selbst, spielte in fast allen seinen Filmen die Hauptrolle und führte Regie. Weniger bekannt ist, dass Chaplin sogar die meisten seiner Filmmusiken selbst komponierte. Denn Chaplin war einer der wirklich großen Musikdramatiker des Films, jedenfalls in seinen besten Musiken, und er wäre vielleicht mit seinen markanten Einfällen der Gershwin der Filmmusik geworden, wenn nicht Gershwin selbst in seinen letzten Lebensjahren ebenfalls Filmmusik geschrieben hätte. Fest steht, Gershwin schickte Chaplin einen seiner Schüler, David Raksin, einen exzellenten Orchestrator, mit dem Chaplin seine Partituren instrumentierte, und das wirklich  hinreißend und einfallsreich.

Dies ist wirklich ein Meilenstein in der Einspielung von Filmmusik auf CD – der Dirigent Timothy Brock hat es sich nicht leicht gemacht und über einen langen Zeitraum hinweg eine gleichsam kritische Ausgabe der Partitur erstellt. Das heißt, er hat sowohl Chaplins und Raksins opiginales Notenmaterial gesichtet als auch die letzte Fassung, die dann für die Studioaufnahmen revidiert wurde. Für 8 Film-Minuten war das Noten-Material verschollen und musste aus der Tonspur mühsam nach Gehör heraus-transkribiert werden – eine Arbeit, die ursprünglich für eine Livebegleitung des Films gemacht wurde. Bei  so viel Mühe wäre es wirklich schade gewesen, mit der NDR-Philharmonie nicht auch noch ins Aufnahme-Studio zu gehen. Herausgekommen ist eine große Orchestermusik, die die Ambitionen der Komposition noch markanter, deutlicher heraushebt als die Tonspur. Denn erst jetzt können sich die ganze Raffinesse, der Witz und auch das Pathos von Chaplins Klangvisionen richtig entfalten (Charlie Chaplin: Modern Times, 1936:  Die komplette Filmmusik; NDR Philharmonie Hannover, Timothy Brock, cpo 777 286-2). M. K.

TAMARA GURA

Als Ariodante gab Tamara Gura im letzten Jahr ein sensationelles Hausdebüt am Aalto-Theater Essen. Gestochen scharfe Koloraturen, ein wunderschönes Timbre, hohe Musikalität und eine glaubwürdige, intensive Verkörperung ihrer Partien zeichnen die junge Amerikanerin besonders aus. Diesen Monat kehrt sie für zwei Vorstellungen von Ariodante nach Essen zurück. Mit William Ohlsson sprach sie über ihre Liebe zur Musik Händels, ihre Zeit in Hamburg und Karlsruhe, ihre künstlerischen Ziele der nächsten Jahre und mehr.

Fesch: Tamara Gura by Uwe Ahrens

Fesch: Tamara Gura by Uwe Ahrens

Nach Ihrem Erfolg in der letztjährigen Premierenserie, der Ihnen eine Nominierung als „Beste Sängerin“ von der Zeitung Die Welt einbrachte, sind Sie nun wieder am Aalto-Theater Essen in der Titelpartie von Ariodante zu erleben. Händel scheint Ihnen stimmlich besonders gut zu liegen… Händel ist einer meiner Lieblingskomponisten. Seine Musik fordert große emotionale Tiefe, ist nie starr, sondern immer flexibel. Dadurch ergeben sich viele interpretatorische Möglichkeiten, viele Farben. Man muss für Händel sehr expressiv und vom Ausdruck her ehrlich sein. Ich liebe auch die technischen Herausforderungen: Man muss in einem Moment blitzschnelle Koloraturen singen und wenige Minuten später eine langsame, ausdrucksvolle Arie mit viel Legato, wie etwa „Scherza infida“ aus Ariodante, oder „Ombra cara“ aus Radamisto. Ich habe schon viele Händel-Partien gesungen, unter anderem die Titelrolle in Radamisto bei den Händel-Festspielen Karlsruhe, Sesto in Giulio Cesare an der Staatsoper Hamburg, Semperoper Dresden und auch in Karlsruhe, Piacere in Il trionfo del tempo e del disinganno, ebenfalls in Karlsruhe.

 

Schlussapplaus von "Orfeo ed Euridice" in Antwerpen/Foto Weiler.

Schlussapplaus von „Orfeo ed Euridice“ in Antwerpen/Foto Weiler.

Auch mit Rossinis Cenerentola konnten Sie große Erfolge feiern. Sind für die Zukunft weitere Rossini-Partien geplant? Ich freue mich besonders, dass ich im kommenden Herbst wieder in einer Neuproduktion von La cenerentola die Angelina singen werde, diesmal in München in einer Inszenierung von Brigitte Fassbaender – eine Künstlerin, die ich sehr bewundere. Ich mag die Angelina sehr, ihre Güte, aber auch ihr inneres Feuer. Auch die Rosina habe ich oft gesungen, zum Beispiel in Dresden. Liebend gerne würde ich eher selten gespielte Rossiniopern wie La donna del lago oder Tancredi singen. Auch L’italiana in Algeri wäre sehr interessant.

Eine Sängerin mit Ihren stimmlichen Möglichkeiten und ihrem Erscheinungsbild dürfte sich vor Angeboten für die Carmen kaum retten können! Ja, ich freue mich schon auf die Carmençita! Ich hatte schon Angebote, aber war leider immer schon bei einem anderen Theater unter Vertrag. Eine solche Partie verkörpern zu können, in die man sich mit vollem Körpereinsatz werfen muss, wäre ein Traum für mich. Ich habe als junges Mädchen viel getanzt und habe immer viel Spaß, wenn eine Rolle auch Tanz erfordert. Auch deshalb würde ich die Carmen sehr gerne singen.

Tamara Gura: Radamisto bei den Händel-Festspielen Karlsruhe:/Foto Krause-Burberg

Tamara Gura: Radamisto bei den Händel-Festspielen Karlsruhe:/Foto Krause-Burberg

Zu Beginn Ihrer Karriere konnten Sie sich als Ensemblemitglied des Badischen Staatstheaters Karlsruhe ein breites Repertoire erarbeiten. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück? Meine Zeit in Karlsruhe war sehr wichtig für mich. Das Badische Staatstheater ist ein tolles Haus und ideales Sprungbrett für viele Sänger. Das war es auch für mich. Ich habe dort wichtige Partien wie Rosina, Idamante, Cherubino, Dorabella, Hänsel, Radamisto und Sesto gesungen. In Karlsruhe konnte man auch das Stammpublikum sehr gut kennenlernen. Ich denke immer noch gerne an die vielen Gespräche mit den Opernbesuchern zurück. Viele haben meinen Weg mitverfolgt und unterstützen mich heute noch.

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Vor allem erinnere ich mich an einen Herren, der fast zu jeder Vorstellung gekommen ist. Seine Leidenschaft für die Oper war spürbar, das hat mich sehr fasziniert. Für diese Momente bin in Künstlerin geworden: Wenn ich spüre, dass meine Stimme jemanden erreicht und berührt hat.

Tamara Gura: Zaida / "Il turco in Italia", Hamburgische Staatsoper/ Foto Forster

Tamara Gura: Zaida / „Il turco in Italia“, Hamburgische Staatsoper/ Foto Forster

Ihre Karriere ist seit Ihrer Karlsruher Ensemblezeit auf steilem Weg nach oben. In den letzten fünf Jahren haben Sie an einigen wichtigen Opernhäusern, Konzertsälen und Festivals debütiert, wie etwa – neben dem Aalto-Theater, der Dresdner Semperoper, der Oper von Rom und der English National Opera. Was sind Ihre künstlerischen Ziele für die nächsten Jahre? In absehbarer Zeit sind die dramatischeren Mezzopartien von Bellini und Donizetti mein Ziel. Aber erstmal möchte ich gerne meine aktuelles Repertoire von Händel-, Mozart- und Rossinirollen auf den ganz großen Bühnen der Welt singen. Außerdem bereite ich eine Händel-CD vor und freue mich schon auf einige Rollendebüts, die bald auf mich zukommen werden, darunter meine erste Adalgisa! Generell will ich einfach immer besser werden, und die größte Hilfe dabei ist, mit Regisseuren, Dirigenten und Kollegen zu arbeiten, die mich fordern und an meine Grenzen als Schauspielerin und Sängerin bringen. Gibt es Traumpartien? So viele! Xerxes, Romeo, Carmen, Charlotte, Komponist, Octavian, Cendrillon, Isabella…

 

Tamara Gura by Uwe Ahrens

Tamara Gura by Uwe Ahrens

Sie sind in den USA aufgewachsen und als Zwanzigjährige ins Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper aufgenommen worden. Wie hat die Zeit in Hamburg Sie künstlerisch geprägt? Die Zeit in Hamburg hat mich sehr geprägt und war unbezahlbar. Ich war zusammen mit sechs anderen jungen Sängern im Opernstudio. Wir wurden schon wie Ensemblemitglieder behandelt und in den drei Jahren an der Staatsoper Hamburg habe ich dort über 150 Abende gesungen, in Rollen wie Sesto in Giulio Cesare, Pauline in Pique Dame, Mercédes oder Flora. Es war super, am Beginn meiner Karriere auf solch einer großen Bühne Erfahrungen sammeln zu können. Dort konnte ich auch mit tollen Regisseuren arbeiten, zum Beispiel mit Christof Loy, in dessen Neuproduktion von Il turco in Italia ich die Zaida gesungen habe. Die Arbeit mit Christof werde ich nie vergessen. Bei Peter Konwitschnys Neuproduktion von Bergs Lulu habe ich den Gymnasiasten verkörpert. Ich hatte auch die Chance, dort mit Top-Dirigenten wie Ingo Metzmacher, Simone Young, Stefan Soltesz, Alessandro De Marchi und Cornelius Meister zu arbeiten.

 

tamara Gura: Sesto in "Giulio Cesare" bei den Händel-Festspielen Karlsruhe/ Foto Krause-Burberg

Tamara Gura: Sesto in „Giulio Cesare“ bei den Händel-Festspielen Karlsruhe/ Foto Krause-Burberg

Wo haben Sie in den USA studiert und arbeiten sie heute noch mit einem Gesangslehrer? Studiert habe ich an der Northwestern University in Chicago. Und ja, ich habe nach wie vor eine Gesangslehrerin. Die Arbeit mit ihr ist mir extrem wichtig. Meine Stimme hat sich in den letzen fünf Jahren enorm entwickelt und ich bin mir sicher, dass sie sich auch in den kommenden fünf Jahren nochmal genauso stark entwickeln wird! Da ist die Arbeit. William Ohlsson

 

Foto oben: Tamara Gura als Angelina/La Cenerentola, Oper Erfurt: Foto Edelhoff
http://www.tamaragura.com/
facebook.com/tamara.gura
twitter.com/mezzojazz

Auf YouTube gibt es einen „Cenerentola“ Clip:
https://youtu.be/uu_p3fstteU?list=PLHwP4fYgVWvjOBodTNP9P0RkkNPpAv5z0

Und ganz aktuell „Orfeo ed Euridice“ aus Antwerpen, Mai 2015:
https://youtu.be/rIwwvjdTZUA

Salieris Oper „Les Danaïdes“

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Nach dem überwältigenden Erfolg der Salierischen Danaides im November 2013 im Theater an der Wien ging der Dirigent Christophe Rousset mit seiner Equipe in das historische Theater von Versailles und schließlich in das Arsenal von Metz, um einen rauschenden Triumph nach dem anderen zu feiern. Wie bereits bei anderen Projekten des Palazetto Bru Zane in seiner Restaurierung der Romantischen französischen Oper fragt sich der deutsche Opernfan, warum sich in Deutschland oder der Schweiz kein Haus fand, sich dieser Tournee anzuschließen? Hier gibt’s Figaro  und den x-ten Macbeth, aber keine Hinwendung zur Französischen Musik des Sixieme Siècle, wie beklagenswert. Aber nun ist bei Ediciones Singolares (ES 1019; Note 1) die CD des Konzertes aus dem Arsernal von Metz von 2013 erschienen. „Kein Geringerer als der Erzromantiker Hector Berlioz äußerte sich bewundernd über Les Danaides von Antonio Salieri. Mit dem Werk über den Massenmord der Töchter des Danaos an ihren frisch angetrauten Ehemännern war dem ehemaligen Gluck-Schüler tatsächlich eine der revolutionärsten Opern des Ancien Régime gelungen. Christophe Rousset und Les Talens Lyriques unterstreichen die Bedeutung des Werkes und bereiten uns ein spannendes Opernerlebnis.“ (schreibt jpc).

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Christophe Rousset und Judith van Wanroij/MT

Christophe Rousset und Judith van Wanroij/MT

Es ist ja nicht so, dass man dieses Werk nicht kannte – Montserrat Caballé hatte sich (ungeeignet) der Oper an verschiedenen Orten angenommen. Gianluigi Gelmetti war ein weiterer Champion für diese Oper, die er nicht wirklich überzeugend bei EMI eingespielt (namentlich Margaret Marshal war der Schwachpunkt), vorher aber in Ravenna fulminant geleitet hatte (Dessi, Gimenez u. a.). Oehms hat einen gelungenen Mitschnitt unter meinem stets bewunderten Dirigenten Michael Hofstetter (mit der etwas klein- und scharfstimmigen Sophie Marin-Degor). Aber die neue Aufnahme setzt ganz andere Maßstäbe und ist für mich diejenige, welche man haben muss, wenn man sich für diese spannende Übergangszeit interessiert. Hier gibt es Drive, Drama, ersten Gesang und eine packende Musik.

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Die Aus- und Aufführungen hätten nicht glanzvoller sein können. Christophe Rousset dirigiert mit Feuer und Elan, ungemein rythmisch und zupackend, seine Chöre und Orchester folgen ihm gespannt-kongenial, und die Solisten verströmen Kompetenz und Idiomatik. Allen voran der wunderbare Bass Tassis Christoyannis als Danaus mit markantem, mal balsamischem, mal zynischem Bass, eine ganz große Leistung. Der junge Philippe Talbot als Lyncée profiliert sich mit wirklich süßem Tenor, und mit der jungen Judith Van Wanroij  steht als Hypermnestre ein leuchtender Mittelpunkt des Abends auf dem Podium. Und dies alles ist nun auf die CD gelangt dank des Palazetto Bru Zane, der einen Edelstein seiner inzwischen beträchtlichen Sammlung an Aufnahmen dieses Repertoirs hinzugefügt hat. Das Ganze wieder verpackt in die bewährten Buch-Editionen von Ediciones Singolares, der Haus-Marke vom Palazetto Bru Zane, mit gewohnt düsteren Abbildungen in grauem Schwarz-Weiß, dazu Aufsätze von Benoit Dratwicki und Marc-Henri Jordan (letzterer hochinteressant über die Bühnenausstattung und die architektonische Sprache der Danaides-Dekorationen) sowie zeitgenössische Kritiken zur Oper, zweisprachig (und nicht in Deutsch).

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Tassis Christoyannis beim Konzert in Versaille/MT

Tassis Christoyannis beim Konzert in Versailles/MT

Nachstehend ein Aufsatz mit einer Werkeinschätzung des Dirigenten Christophe Rousset, bevor die Aufnahme auf den Markt kam (website der Talens Lyriques).

Antonio Salieri [1750 – 1825] „Die Danaiden“ Lyrische Tragödie in fünf Akten, uraufgeführt am 26. April 1784 in der königlichen Musikakademie in Paris. Libretto von Tschoudi und Roullet. Mit den „Danaides“ von Salieri setzen die ‚Talents Lyriques‘ die Erforschung des von Italienern komponierten französischen Repertoires am Ende des 18. Jahrhunderts fort, nach „Medée“ von Cherubini und „Renaud“ von Sacchini letzte Saison. Salieri  salieri1kam aus Wien nach Paris, vor allem um hier, wo die Oper einen so starken Platz einnahm, von den Mitteln zu profitieren, die er in Wien nie gehabt hätte. Er entwickelt eine ehrgeizigere und kühnere Form als in seinen italienischen Opern. Die Wichtigkeit der Chöre ist so groß, dass wir, wenn wir auch nicht der Mitgliederzahl der damaligen Zeit entsprechen können, einen doppelten Chor einrichten müssen. Wir gehen an diese post-barocke Ästhetik mit einem Gefühl des Entdeckens und Staunens heran, das die Orchester der damaligen Zeit empfunden haben müssen, als sie sich mit diesem neuen und im Vergleich zum alten Stil revolutionären Stil beschäftigten. „Die Danaiden“ sind sicherlich eines der großen Meisterwerke.

Der Komponist Antonio Salieri/OBA

Der Komponist Antonio Salieri/OBA

Werk und Komponist: 1784 erfährt die Pariser Oper eine gewisse Beruhigung, nachdem sie sich in einem Streit, der zehn Jahre vorher begonnen hatte, halb zerrissen hatte. Der Misserfolg von „Echo et Narcis“ von Gluck im Jahr 1779  und der enttäuschende Erfolg von „Iphigénie en Tauride“ von Piccinni im Jahr 1781 setzen den Polemiken zwischen den Anhängern von Gluck und denen von Piccini ein Ende, wobei die einen die französische Musik hochhielten und die anderen Anhänger einer Öffnung für die italienischen Einflüsse waren. Gluck zieht sich also nach Wien zurück und beendet seine Karriere. Allerdings kündigt  er im Frühjahr 1758 an, noch einmal mit einem letzten Meisterwerk auf die Bühne der königlichen Musikakademie zurückzukehren, den „Danaides“, inspiriert von der Tragödie „Hypermnestre“ von Le Mierre (uraufgeführt im Jahr 1758 an der Comédie française, damals ein gewisser Erfolg), nach dem Jean-Georges Noverre im Jahr 1764 ein Ballett schuf („Les Danaides ou Hypermnestre“, nach einer Musik von Rodolphe). Gluck, der selber 1744 in Venedig eine „Ipermnestra“ komponiert hatte , hätte damit an eines der ersten Themen, das er behandelt hat, wieder angeknüpft.

Christoph Willibald Gluck auf dem Gemälde von Duplessis/OBA

Christoph Willibald Gluck auf dem Gemälde von Duplessis/OBA

Das Thema eignet sich perfekt für die Tragédie lyrique, eine Gattung, mit der Gluck die französische Oper revolutioniert hatte, indem er sich auf die Wildheit der antiken Mythologie stützte. Die Erben des ägyptischen Königreiches, Ägyptus und Danaos haben beide viele Nachkommen: Der eine hat fünfzig Söhne, der andere fünfzig Töchter. Als sich ein Krieg zwischen den beiden Brüdern ankündigt, zieht es Danaos vor, mit seinen Töchtern nach Griechenland zu fliehen, aber die Söhne von Egyptus verfolgen sie, weil sie ihre Kusinen als Gattinnen haben wollen. Danaos heuchelt ihrem Wunsch nachzukommen, aber er inszeniert den kollektiven Mord an seinen Neffen durch die Frauen in ihrer Hochzeitsnacht. Nur Hypermnestra, die Älteste der Danaiden, verschont Lynceus, den Mann, dem sie bestimmt war. Ihre Verbindung wird besiegelt, während die anderen Danaiden im Tartaros bestraft werden.

Ranieri de' Calzabigi (1714-1795)/OBA

Ranieri de‘ Calzabigi
(1714-1795)/OBA

Der Librettist Calzabigi schuf  1778 für Gluck ein Libretto auf Italienisch. Wenn das Fiasco von „Echo et Narcisse“ auch die Realisierung des Projekts verhinderte, wurde der Text doch von Roullet und Tschoudi ins Französische übersetzt, und man überträgt die Komposition dem Wiener Antonio Salieri. Aber „Les Danaides“ werden in der ersten Folge ihrer Aufführung in Paris als ein von Gluck und Salieri gemeinsam geschriebenes Werke dargestellt. Erst nach der 6. Vorstellung gibt das Journal de Paris Salieri als einzigen Verfasser der Oper bekannt. Dieses Desinformationsspiel erlaubte dem Werk, sich im Repertoire der königlichen Musikakademie zu behaupten (es wird bis 1828 immer wieder aufgeführt.) und Salieri die Türen zu den französischen Bühnen zu öffnen, als dem neuen Anführer der Gluckschen Schule, die auch „ Les Horaces“ 1786 und vor allem  „Tarare“ im Jahr 1787 hervorbrachte.

Die Danaiden/Tarrotkarte/OBA

Die Danaiden/Tarrotkarte/OBA

Die düsteren Akzente der „Danaides“ – genährt von verminderten Septakkorden, von frenetischen Tremoli und viel Verwendung von Posauen – und die Geschicklichkeit Salieris, sich den Gegebenheiten der französischen Tragédie lyrique anzupassen, haben der Oper lange den Vorwurf einer Imitation von Gluck eingebracht, der gegenüber die Kommentatoren das Original vorzögen. Der große Erfolg der gewalttätigsten Szenen (insbesondere im 4. Akt) und auch die überzeugende Qualität der Ouvertüre genügen, um dieses Urteil als übereilt zu betrachten. Dieses Werk von 1784 öffnet klar den Weg für neue Komponistengenerationen: die Behandlung des Chors der „Danaides“ wie einen ganz eigenen Protagonisten, gewisse Passagen des 5. Akts oder auch die Konzentration der Handlung um die Person Hypermnestras deuten schon auf die „Medee“ von Cherubini (1797) oder auf „Les Bajadères“ von Catel (1810) und im Allgemeineren auf die Anfänge der romantischen Oper hin.

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The Danaides/John William Waterhouse/Wiki

The Danaides/John William Waterhouse/Wiki

Antonio Salieri, geboren am 18. August 1750 im Nordosten Italiens in Legnago, der Sohn eines reichen Kaufmanns, verlässt rasch sein Heimatland und zieht nach Österreich. Er lässt sich mit 16 Jahren in Wien nieder. Hier wird er der Schüler von Florian Leopold Gassmann, dem Wiener Hofkomponisten und Dirigent der italienischen Oper, der ihn fördert. Gassmann verschafft Salieri eine vielfältige Ausbildung: Er lehrt ihn Geige, Cembalo, Gesang, Kontrapunkt, aber auch Rhetorik, Latein, Deutsch, Französisch und Dichtkunst… Salieri wird Christoph Willibald Gluck und dem Dichter Metastasio vorgestellt.

Mit 24 Jahren wird Salieri Gassmanns Nachfolger in dessen Funktionen und 1778 eröffnet er die Scala  in Mailand mit der Oper „Europa riconosciuta“. Sein Ruf steigt ständig in ganz Europa, denn mehrere seiner Opern werden an der Pariser Oper aufgeführt  (Tarare, 1787, mit einem Libretto von Beaumarchais). 1778 wird Salieri zum Chordirigenten ernannt und bleibt es bis 1824. Sein letztes Erfolgswerk ist die Oper „Palmira, regina di Persia“ (1795). Aber am Ende des Jahrhunderts versteht er, dass seine Zeit vorbei ist und dass er sich nicht dem neuen musikalischen Genre anpassen kann. Daher hört er bis zu seinem Tod fast gänzlich mit dem Komponiern auf. (Dank wie stets an die hilfsbereite Ingrid Englitsch für ihre Übersetzung!)

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9788460669494Antonio Salieri  Les Danaides, (après les Concerts Autriche, Vienne, Theater an der Wien Samedi 16 novembre 2013; Versailles, Opéra Royal, Mercredi 27 novembre 2013; Metz, Arsenal Vendredi 29 novembre 2013); Enregistrement discographique Palazzetto Bru Zane; Distribution: Hypermnestre | Judith Van Wanroij Danaüs | Tassis Christoyannis Lyncée | Philippe Talbot; Plancippe | Katia Velletaz; Pélagus, officiers | Thomas Dolié; Les Talens Lyriques; Direction musicale |  Christophe Rousset; Les Chantres de la Maîtrise du Centre de musique baroque de Versailles; Direction  des  chœurs |  Olivier  Schneebeli

Foto oben: La représentation des Danaïdes à l’Académie Royale appogiatura.net

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Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.